Huckleberry Finn jetzt ohne „N-Wort“


Huckleberry Finn und Jim auf dem Floß (Illustration, 1884)

What the Huck?

Die Abenteuer des Huckleberry Finn gilt als einer der großen amerikanischen Romane die Buchhandlungsregale heutzutage zieren, aber wegen seiner derben Sprache, ist er oft Gegenstand von Kontroversen und wurde aus den Pflichtlektürelisten verschiedener Schulen in den Vereinigten Staaten entfernt.

Wenn es Dienstag (oder Mittwoch, Donnerstag, Freitag, etc.) ist, ist es Political-Correctness-Amoklauf-Tag in Amerikas Bildungseinrichtungen.

Die neueste Salve? Ein Verlagshaus will weissgewaschene Versionen von Die Abenteuer des Huckleberry Finn und Die Abenteuer des Tom Sawyer in denen die Wort „Nigger“ durch „Sklave“ ersetzt wurde und „Injun“ nicht mehr vorkommt, herausgeben.

NewSouth Books hofft Mark Twains Geschichten mit ihrer neuen Ausgabe wieder zu beleben. Sie haben die beleidigenden Stellen bearbeitet, in der Hoffnung, dass dies das Buch wieder für Schulkinder geeignet macht.

Mark Twain’s Adventures of Huckleberry Finn is a classic by most any measure—T.S. Eliot called it a masterpiece, and Ernest Hemingway pronounced it the source of “all modern American literature.” Yet, for decades, it has been disappearing from grade school curricula across the country, relegated to optional reading lists, or banned outright, appearing again and again on lists of the nation’s most challenged books, and all for its repeated use of a single, singularly offensive word: “nigger.”

Twain himself defined a “classic” as “a book which people praise and don’t read.” Rather than see Twain’s most important work succumb to that fate, Twain scholar Alan Gribben and NewSouth Books plan to release a version of Huckleberry Finn, in a single volume with The Adventures of Tom Sawyer, that does away with the “n” word (as well as the “in” word, “Injun”) by replacing it with the word “slave.”

…Including the table of contents, the slur appears 219 times in Finn.

Schlimmer ist jedoch, dass an einigen Stellen die Änderungen ein Kuddelmuddel ergeben werden, denn wie jeder weiß, ist das N-Wort kein Synonym für Sklave. Und sicherlich könnte in vielen Fällen ein argloser Leser des Romans den Verweis auf Jim als „Sklave“ lesen und nie den Unterschied bemerken. Man betrachte die folgende Passage aus dem Roman, in dem Hucks Vater gegen die Regierung wettert:

Oh, yes, this is a wonderful govment, wonderful. Why, looky here. There was a free nigger there from Ohio—a mulatter, most as white as a white man. He had the whitest shirt on you ever see, too, and the shiniest hat; and there ain’t a man in that town that’s got as fine clothes as what he had; and he had a gold watch and chain, and a silver-headed cane—the awfulest old gray-headed nabob in the State. And what do you think? They said he was a p’fessor in a college, and could talk all kinds of languages, and knowed everything. And that ain’t the wust. They said he could VOTE when he was at home.

Nun, gehen wir durch die Passage und ersetzen „Slave“ für das schlimme Wort und sehen was passiert. Es wird Unsinn daraus. „Freier Sklave“ ist ein Widerspruch, und wie könnte ein Sklave Professor sein? Und was will der Editor als Ersatz für „mulatter“? Halb-Sklave? Aber mehr als das, der springende Punkt der Passage ist, die Möglichkeiten der Weiterentwicklung einer Rasse zu zeigen, dass es Orte gibt, wo Afro-Amerikaner die Gelegenheit haben erfolgreich zu sein, und dass es die Borniertheit und Selbstgerechtigkeit der Menschen wie Hucks Vater ist, die sie davon abhält, nicht irgendwelche inhärenten Beschränkungen im Zusammenhang mit ihrer Rasse.

3 Comments

  1. Auch ich wäre unglücklich mit der reinen Ersetzung, wie Alan Gribben sie wohl vorgenommen hat. Allerdings bezweifele ich stark, dass der Sinn, wie im obigen Beispiel beschrieben, verloren ging, nur weil ein ‚freier Sklave‘ logisch nicht haltbar ist. Genau diesen Umstand kann man ebenso gut auch als Ausdruck des Rassismus lesen, da Schwarze prinzipiell als Sklaven verstanden werden.

    Auch die Aufregung um die Political Correctness, die zu einer Zensur führe, ist ein wenig übertrieben. Die Edition erhebt nicht den Anspruch die alleinige oder gar beste zu sein, die alle zukünftigen Editionen ersetzen möge. Im Vorwort zu seiner Edition hat Gribben die vielen Änderungen erläutert und auch zu seinen umstrittenen Ersetzungen Stellung bezogen. Simpel ausgedrückt ist es für Gribben eine Abwägung zwischen der Verbannung des Buches aus den Schulkatalogen und der Verwässerung des twainschen Originaltons. Er wertet in diesem Fall die Verbannung wegen der nicht zu leugnenden Problematik des Begriffs ’nigger‘ in den USA als größeren Schaden als die Edition in angepasster Sprache für Schulen herauszugeben.

    Im Vorwort ist diesem Umstand also Rechnung getragen und auch auf andere Fassungen verwiesen worden. Damit reiht es sich ein in die lange Schlange edierter Schulfassungen, die es überall gibt. Man muss dem nicht zustimmen, aber man kann dann einfach die anderen von Gribben empfohlenen Editionen lesen.

    Vorwort:
    http://www.newsouthbooks.com/twain/introduction-alan-gribben-mark-twain-tom-sawyer-huckleberry-finn-newsouth-books.html

    Weiterer Artikel mit kurzer Stellungnahme Gribbens:
    http://blog.al.com/scenesource/2011/01/auburn-montgomery_professor_al.html

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  2. Ich begrüße es einen Ersatz für das rassistische N-Wort zu finden, aber man hätte in diesem Fall anstatt „Slave“ „Black“ verwenden können. Dass das N-Wort kein Synonym für Sklave ist, stimmt nicht ganz. Historisch gesehen haben weiße Sklavenhalter/Kolonialherren das N-Wort als Bezeichnung für ihre Sklaven eingeführt. Es ist also eine weiße Fremdbezeichnung, die für die „Ohnmacht“ und die „Minderwertigkeit“ von Schwarzen im Kontext Rassismus stehen sollte. Inzwischen hat die Black Community für sich selbst die Begriffe „People of Color“ „Black“ oder im deutschen Kontext „Schwarz“ gewählt.
    Die kritische Weißseinsforschung beschreibt, dass die Weißen ihre Definitions-Macht nicht abgeben wollten, dass Rassismus nachwievor existiert, auch nach Abschaffung der Sklaverei/Kolonialismus. So kam es, dass das N-Wort auch weiterhin von Weißen verwendet wird, obwohl es heftige Proteste von Seiten der Schwarzen gibt, da diese Menschen über das N-Wort an ihr Rassismus-Trauma erinnert werden.
    Eine Anmerkung noch, es gibt natürlich keine menschlichen Rassen, wie es im letzten Satz des Artikels vorkommt. Das wurde bereits von Molekularbiologen und Genetikern publiziert und kann z.B. auch in einer UN-Erklärung nachgelesen werden. Es gibt keine Menschen mit weißer oder schwarzer Hautfarbe, die Begriffe „Schwarze“ oder „Weiße“ sind Konstrukte im Kontext Rassismus und bezeichnen Machtverhältnisse.

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