Kreationismus/ID und philosophische Phantasie


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Robert Spaemann, 80, emeritierter Professor für Philosophie der Ludwig-Maximilians-Universität in München, befasst sich seit den 80er Jahren mit dem Verhältnis von Naturwissenschaft zu teleologischem Denken – und gehört in diesen Fragen auch zu jenen, mit denen sich B16 berät, Foto: dpa.

Prof. Spaemann in einem Interview bei der Wirtschaftswoche über Kreationismus- Intelligent Design, Christentum und Naturwissenschaften. Und eine Antwort von Prof. Dr. Axel Meyer, Zoologe und Evolutionsbiologe an der Universität Konstanz.

WirtschaftsWoche: Herr Professor Spaemann, gerade wurde in den USA ein Kreationismus-Museum eröffnet, das den Menschen erklärt, die Erde sei vor 6000 Jahren von Gott geschaffen worden. Wie kann das sein – knapp 150 Jahre nach Darwins Veröffentlichung über „Die Entstehung der Arten“. Spinnen die?

Spaemann: Kreationismus, darunter versteht man in Amerika heute eine fundamentalistische Richtung, die glaubt, die Bibel, auch die frühen biblischen Texte über die Schöpfung der Welt wörtlich nehmen zu müssen. Also als historische Beschreibung dessen, was statt gefunden hat. Dann kommt man darauf, dass die Welt in sechs Tagen geschaffen wurde und dieses vor etwa 6000 Jahren – das hat man von den orthodoxen Juden übernommen, die sehen das auch so. Das widerspricht aber dem, was von Anfang an die Christen bei der Lektüre dieser Texte gedacht haben.Schon bei Augustinus von Hippo kann man lesen, dass diese sechs Tage nicht sechs Tage in unserem Sinn sein können, weil nämlich sich diese Tage berechnen nach dem Umlauf der Erde um die Sonne, beziehungsweise ihrer Drehung um sich selbst. Die Sonne wird aber erst am dritten Tag erschaffen. Diese frühen Geschichten, sind Mythen, die allerdings im Unterschied zu anderen Mythen in der dortigen Region ganz bestimmte, sehr weit reichende Aussagen enthalten, zum Beispiel die Aussage, dass sich die Welt einem Schöpfungswillen verdankt, dass sie hervorgeht aus einem solchen Willen, einem vernünftigen Willen. Sie beschreiben also das Verhältnis von Welt und Gott, Mensch und Gott. Sie bedürfen einer Hermeneutik.

Und deshalb finde ich, das ist eine Ansicht, die muss man sich selbst überlassen. Leibniz sagt einmal, jeder Beweis ist ein argumentum ad hominem, das heißt ein Beweis, der etwas voraussetzt bei dem, dem ich etwas beweisen will. Wenn ich nichts voraus setzen kann, kann ich auch nichts beweisen. Die Frage ist also, was wollen wir voraus setzen.

So. Jetzt aber zum Intelligent Design, das ist eine vollkommen andere Geschichte. Das ist eine intellektuelle Bewegung in Amerika, die nimmt die Evolutionsgeschichte, so wie sie heute von der Wissenschaft erzählt wird, und sie versucht nur eine andere Erklärung dieses Prozesses. Sie versucht zu zeigen, dass die Darwin´schen Mechanismen von richtungsloser Mutation und nachträglicher Selektion des Überlebensdienlichen nicht ausreichen, um uns wirklich verständlich zu machen, was sich in der Evolutionsgeschichte abgespielt hat – bis hin zum Menschen. Das ist eine wissenschaftliche Diskussion bei der beide Seiten Argumente für sich geltend machen wo es aber nicht notwendig ist, so phantastische Annahmen zu machen wie die Kreationisten.

Die Antwort von Prof.Axel Meyer zum Interview:

Wie Ihre Redakteurin Frau Susanne Kutter richtig bemerkte, solltem jedem erlaubt sein zu „glauben“ was er will. Er darf gerne glauben, dass ein intelligenter Gottesplan hinter der Evolution steht oder auch ein fliegendes Spagettimonster, oder auch, dass wir keine Vorfahren unter den Primaten haben. Aber, diese Glaubensaussagen sind nicht mit „Wissen“ oder „Wissenschaft“ zu verwechseln. In dem Interview mit dem Philosophen Professor Robert Spaemann offenbart dieser seine tiefe Unkenntnis der Biologie und evolutionsbiologischer Fragestellungen und Forschungsprogramme und bekennt sich öffentlich zur Bewegung des „Intelligent Design“ der fundamentalen Christen der USA. Darf er ja auch gerne. Nur leider macht er seine philosophische Zunft damit lächerlich und beweist nur wieder einmal wie weltfremd und frei von naturwissenschaftlichen Grundkenntnissen Glaube und Philosophie sein können. Professor Spaemann macht falsche Aussagen darüber, woran und worüber Evolutionsbiologen forschen, fordert aber gleichzeitig, dass Philosophen naturwissenschaftliches Wissen nicht ignorieren können. Ein Aufenthalt in einem richtigen Labor täte so manchem Philosophen wahrscheinlich zur besseren Bodenhaftung gut. Lieber Herr Spaemann, sie sind herzlich willkommen uns einmal in Konstanz zu besuchen.

Mit freundlichen Grüssen,

Axel Meyer


Prof. Axel Meyer, Ph.D.
Lehrstuhl für Zoologie und Evolutionsbiologie
Department of Biology

12 Comments

  1. Es freut mich sehr, dass Prof. Spaemann hier indirekt die ID rechtfertigt.
    Seine Argumente fuer die ID sind aber zu schwach. Von einem Fachphilosophen mit konservativer Einstellung hätte ich mehr erwartet.
    Es handelt sich noch nicht einmal um eine Stellungnahme für die ID. Prof. Spämann verrät seine Position nicht. Sondern stellt ID nur als einen legitimen Weg dar.

    Wie feige!

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  2. >>“Spaemann gilt zurecht als einer der großen Gegenwartsphilosophen, nicht nur in Deutschland.“

    Muahahahahaha! Und Schönborn ist einer der großen Gegenwartstheologen… schon klar. Au Backe!

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  3. Klar, wer sich mit der Genesis auskennt, und philosophische Träumerein als „berühmt “ einordnet, kennt sich mit der anderen Materie nicht so aus.
    Ab und zu mal richtige Literatur oder Medien lesen.
    und Ährenleser aka Nurmi aka Lumpambulus…, so einen Stuß dürfen Philologen von der FU in Berlin von sich geben.

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  4. Spaemann gilt zurecht als einer der großen Gegenwartsphilosophen, nicht nur in Deutschland. Wer ist eigentlich herr Meyer?

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  5. Wieder mal ein Paradebeispiel dafür, daß Theologie von den Unis zu den Kirchen ausgelagert werden sollte. Sitzt der Herr Speamann auf einem Konkordatslehrstuhl?

    Bei Perlentaucher finden sich Zusammenfassungen des Rezi-Jubels zu Spaemann letztem Buch: »Das unsterbliche Gerücht – Die Frage nach Gott und die Täuschung der Moderne«.

    Klappentext beginnt so:

    »Dass Religion Privatsache sei, gilt seit langem für ausgemacht. Dass dies ein Irrtum ist, darüber haben uns spätestens die Selbstmordattentäter belehrt.«

    Sähe Angst und ernte Hoffnung, so lautet das Infowar-Strategem, die hier angewandt wurde.

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  6. Stimmt, ein Philosoph ist er nicht, auch wenn er den Eindruck erwecken will. In seinen Kommentaren ist viel Mystik drin. Ich denke mit einem Laborbesuch in Konstanz ist es nicht getan.

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  7. Spaemann ist ja auch kein Philosoph. Er ist ein Theologe, der sich als Philosoph getarnt hat. Das ist sehr klug, denn so kann man in solchen Interviews den Anschein erwecken, die Philosophie, deren Grundmoment nur der Zweifel sein kann, sei mit dessen Gegenteil, dem Glauben, in irgendeiner Weise vereinbar. Indem er sich „Philosoph“ nennt und als solcher auftritt, und gleichzeitig völlig argumentfreie, christliche Positionen vertritt, macht er diese salonfähig.

    Ich würde weder als Philosoph noch als Biologe irgendwas auf das Geschwätz des Herrn Spaemann geben.

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