Dodo des Monats November 2007


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Wer Nina Hagens Website gesehen hat, ohne eine Sehnerventkoppelung zu erleiden (oder sich daran zu erfreuen?), der kann zumindest mit seinen Mitleidenden darüber sprechen wie Großpapa vom Krieg. Was einem da entgegen blinkt, blitzt, dreht und dröhnt mag im LSD-Rausch interessant sein, aber im Normalzustand ist es kaum auszuhalten. Überall grellbunte Farben, verrückte Kollagen, Animationen und Videos, die Texte in Englisch und Deutsch verfasst — mitten im Satz abwechselnd – auf den Inhalt kann man sich nur schwer konzentrieren. Zum Glück, denn jener vermengt überzogene Anti-US-Propaganda („GULAG SCHOOLS KINDERFOLTER IN AMERIKA“) mit Verschwörungstheorien aller Art, indische Namen und Phrasen tauchen auf, man erfährt einiges über die „heilende Kraft von Schlangenmedizin“ und über viele Dinge mehr, von denen man gar nicht unbedingt wissen will, was sie eigentlich darstellen sollen.

Warum ist Nina Hagen prominent? Vielleicht liegt es daran, dass sie eine der New-Age-Varianten der 1970er Punk-Bewegung verkörpert. Indien, Anti-USA, Drogen, gefärbte Haare, freches Auftreten und der Glaube an einfach alles, nur nicht an den Mainstream, verbinden sich zu einem abschreckenden Beispiel aus dem Kuriositätenkabinett einer längst vergangenen Epoche. Während Greg Graffin, selbst Punk-Urgestein, heute Evolutionsbiologie lehrt und mit seinen Mannen von Bad Religion vor der Niederlage der Aufklärung warnt und vor einem neuen geistigen Mittelalter, zeigt Nina Hagen, wie man ein solches möglichst schnell erreichen kann.
Während Graffin Naturalismus und Aufklärung propagiert, kreischt Nina Hagen seit den 80ern Geschichten von UFOs, Gurus, Hexen und allen möglichen Unsinn in die Mikrofone, die man ihr bereitwillig vor ihre große Klappe hält. Dazu bekam sie kürzlich erneut Gelegenheit in der Sendung Menschen bei Maischberger zum Thema „Ufos, Engel, Außerirdische – sind wir nicht allein?“ Das Ergebnis war zu erwarten, nur hat Nina Hagen ihre vorgesehene Rolle als durchgeknallte Eso-Tante ein bisschen zu gut gespielt und der Physiker und Fernsehmoderator Joachim Bublath (Knoff-Hoff-Show, Joachim Bublath) verließ entnervt das Studio, nachdem ihn Hagen ein „Alien-Geschöpf“ genannt hatte und ihn zusammen mit George W. Bush hinfort wünschte. Bublaths Reaktion war angemessen, finden wir, und deshalb verleihen wir dem Ufo-Hexen-Shiva-Schreihals Nina Hagen den einzigen deutschen Preis für gekonnte Gegenaufklärung, den Dodo des Monats. Eine Frage von Joachim Bublath geben wir noch mit auf den Weg:

„Es sollte eigentlich die Frage gestellt werden, warum unsere Gesellschaft immer irrationaler wird und solche Geistesvorstellungen bereitwillig annimmt.“

Disclaimer:Für gesundheitliche Schäden, Nebenwirkungen, die eventuell beim betrachten der oben verlinkten WebSite auftreten, lehnen wir jedwede Haftung ab, will sagen, selbst schuld. :mrgreen:

15 Comments

  1. Ja, herzlichen Glückwunsch an Nina Hagen, das hat sie sich redlich verdient.

    Leider machte Nina Hagen einfach nicht mehr den Eindruck, dass man die ganze Aussagen einfach nur für einen rebellischen Spaß hält – wie früher vielleicht. Bublath sagte dann beim Verlassen der Sendung in etwa, er habe eine Talkshow erwartet und wolle nicht an einer gemeinsamen Therapiesitzung teilnehmen.

    Bublath hatte die Sendung verlassen, nachdem Nina Hagen auch noch meinte, der Teufel sei ein Formwandler, halb in Richtung Bublath ;o)

    Es ist gut, dass auch jemand wue Frau Hagen das Recht der Religionsfreiheit bis um Exzess ausreizt. Wenn dann allerdings jeder Rationale Gedanke hysterisch niedergeredet und durch überdrehte Zwischenrufe zu Nichte gemacht wird, wenn also die Religionsfreiheit die Wissenschaft bekämpft, dann gute Nacht!

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  2. Hi,

    ich hab mich ja frühzeitig für Nina Hagen ausgesprochen. Zum einen ist JBK sicher noch öfters Dodoreif und zum anderen war Nina so wahnsinng durchgeknallt, daß es eine Schande wäre ihr diese „ehrenauszeichnung“ nicht zukommen zu lassen *hustet* Sicher hängt sie sich den neben ihre Alienplakate

    Und nickpol hat einfach recht, wenn die hagen mit 1 stimme gewinnt dann ist es so. da noch irgendwie putinlike dran zu drehen ist sicher doof 🙂

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  3. „Gekonnte Gegenaufklärung“ meine ich ironisch. Aber es stimmt schon: So etwas bewusst zu machen, also absichtlich Falschheiten zu verbreiten, da gehört noch einmal mehr dazu.

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  4. Ich hätte lieber den Kerner als Preisträger gesehen. Der ist zwar intelligent aber ewiggestrig (allerdings bleibt ihm auch nichts anderes übrig).
    Aber wer oder was in allerwelt ist „Hagen“? Die müsste doch eher einen Preis für Dämlichkeit bzw. Beklopptheit bekommen (z.B. einen Golden-Bullshit o.ä.)

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  5. Ich hatte mich mit der Tatsache eigentlich schon abgefunden, den Dodo an beide zu verleihen. Aber die Hagen hat mit einer Stimme mehr gewonnen.
    Bei Gleichstand hätten beide das Dingens bekommen, klar.

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  6. Herzlichen Glückwunsch zum Dodo des Monats.
    Kerner und Hagen habe sich lange Zeit ein Kopf-an-Kopf – Rennen geliefert, die Hagen hats getroffen.

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