Glaube, Fortpflanzung und Evolution – etwas esoterisch betrachtet


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Glaube an Gott fördert die Fortpflanzung

Vortrag leitet Darwin-Jahr 2009 ein- Delmenhorster Kreisblatt

Delmenhorst (rh). Mit dem Vortrag „Evolution der Religion“ hat der Tübinger Religionswissenschaftler Dr. Michael Blume am Montagabend im Vortragssaal des Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) das Darwin-Jahr 2009 eingeleitet. Dabei arbeitete der Referent innerhalb der Reihe „Wissenschaft im Radio“ zahlreiche Argumente heraus, die belegen sollten, weshalb Religiosität als wichtiges Merkmal menschlicher Existenz verstanden werden könne.

In seinem lebhaft vorgetragenen Beitrag bezog sich Blume auf empirische Forschungen, die sich nicht mit der Frage nach der tatsächlichen Existenz von Geistern, Göttern oder einem Gott befassen. „Das wäre methodisch unzulässig“, sagte der Religionswissenschaftler. Zur internationalen Gilde der Religionsforscher gehörten daher ebenso nichtgläubige wie gläubige Menschen.
Aus evolutionstheoretischer Sicht stelle sich die Frage, ob sich religiöse Riten auch auf die menschliche Weiterentwicklung auswirken. So wüssten alle soziokulturellen Gemeinschaften um teils aufwändige Bestattungspraktiken, die bereits seit der Steinzeit praktiziert würden. Solche sozial-religiösen Ausdrucksformen seien sogar für den Neandertaler nachgewiesen. Offensichtlich, so Michael Blume, könnten erwünschte Verhaltensweisen durch religiöse Überhöhung und die Einbeziehung außerirdischer Wesen gefördert werden. So sei nachgewiesen, dass in gut funktionierenden Religionsgemeinschaften der solidarische Zusammenhalt auch über weite Entfernungen beibehalten werde, ohne dass es dazu zusätzlicher staatlicher Kontrollinstanzen bedürfe.

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26 Comments

  1. @ ostfriese

    Genau! Es gibt einige Forscher (z.B. die Anthropologen Steadman & Palmer), die den von Ihnen beschriebenen Mechanismus zum Ausgangspunkt ihrer evolutionären Religionstheorie gemacht haben und daraus wiederum testbare Hypothesen ableiten.

    Und was derzeit einsetzt ist eben, dass wir uns allesamt nicht mehr mit Vermutungen „Es-könnte-ja-sein-dass…“ zufrieden geben, sondern empirische Daten und Experimente bemühen, um die konkurrierenden Thesen zu klären. Das Internet hat dabei den internationalen und interdisziplinären Prozess enorm beschleunigt, so dass wir derzeit sehr gut vorankommen. Und nach derzeitigem Stand zeigt sich schlicht, dass wir auch Religion per Evolutionsforschung untersuchen können. Aber die Erkenntnisse sind im Fluss, die Debatten haben gerade erst begonnen und ich finde es klasse, wenn viele Menschen zunehmend interessiert und fundiert mitmachen und statt nur der jeweiligen Vorannahmen (Religion ist gut oder schlecht, Gott existiert oder nicht etc.) dazu lieber empirisch überprüfbare und diskutierbare Daten und Beobachtungen einbringen!

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  2. Danke für die Klarstellung!

    Sie räumen ein, dass Anpassungsvorteile sowohl auf die Religiosität selbst zurückzuführen sein könnten als auch auf Merkmale, die religiöse Gläubigkeit als Nebenprodukt abwerfen. Wir werden ja alle als Gläubige geboren, da ein Mangel an Vertrauen gegenüber elterlicher Autorität jedem Kleinkind das Leben kosten würde…

    So lange keine der beiden konkurrierenden Thesen widerlegt ist, besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass sich beide Effekte überlagern, da stimme ich Ihnen vollkommen zu.

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  3. @ ostfriese

    In aller Eile eine Kurzantwort: Wie jede empirische Wissenschaft bringt auch die Evolutionsforschung stets nur falsifizierbare Hypothesen hervor. Rüdiger Vaas und ich stellen die Vielzahl der Befunde vor (nicht nur Demografie, sondern auch Archäologie, Zwillingsforschung etc.) und die Thesen dazu. Die Annahme von Religiosität als adaptivem Merkmal ist in den letzten Jahren sehr gestärkt worden, die Nebenproduktthese aber noch lange nicht widerlegt (zumal sich beide streng genommen nicht ausschließen, bzw. Kombinationen im Hinblick auf verschiedene Merkmale von Religiosität und Religionen möglich sind).

    Und dass es uns gerade nicht darum ging, irgendein Wert- oder Wahrheitsurteil vorwegzunehmen, können Sie auch an unseren unterschiedlichen Hintergründen erkennen: So gehöre ich zum Kuratorium der evang. Akademie Bad Boll, Rüdiger Vaas zum Beirat der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung. Wir wollten bewusst keinen Bias.

    Denn wir sind da einer Meinung: Empirische Wissenschaft funktioniert unabhängig von religiösen oder weltanschaulichen Vorannahmen und ist letztlich philosophisch zwar interessant, aber alleine nicht in der Lage, abschließende Wert- oder Wahrheitsurteile zu treffen.

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  4. stimme zu. Korrelationen besagen erst mal …. gar nichts, außer daß Koinzidenzen bestehen.

    weiter: Selektion beim Menschen funktioniert nicht mehr über anpassung an die Lebensumstände, sondern über kulturelle Mechanismen. ich erinnere mal an Diskussionen über „Degeneration“ im letzten jahrhundert…

    und, wenn diese Überbevölkerung so weiter geht, mit tatkräftiger Hilfe allerlei Religionskrams, wird man vielleicht mal die Notbremse ziehen…

    meine Kinder sind jedenfalls wieder Freigeister. Und wissen was über Verhütung.

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  5. Noch ein Versuch, der Anfang meines Beitrages: Bei den meisten Lebewesen reicht es aus, Evolution als rein genetisch zu begreifen. Der Versuch allerdings, die Entwicklung von einer Steinzeithorde zu einer Weltraumnation rein biologisch zu erklären, muss unweigerlich scheitern.

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  6. Michael Blume schrieb:

    Und wer davon ausgeht, dass sich menschliches Leben einschließlich unserer Gehirne im Evolutionsprozess entwickelt haben, den braucht doch eigentlich nicht zu wundern, dass sich auch dieses Merkmal über Vorteile entwickelt hat – und weiter entwickelt.


    Es ist, wie Sie wissen dürften, keineswegs klar, ob naiver Glauben und Religiosität selbst zu einem Selektionsvorteil geführt haben oder ob sie nur Nebenprodukte anderer evolvierender Merkmale sind, denen der eigentliche Selektionsvorteil zukommt.

    Durch die Feststellung, dass in heutiger Zeit Religiosität mit Kinderreichtum korreliert, lässt sich diese Frage jedenfalls nicht entscheiden.

    Schon gar nicht, wie folgsam bereits betont hat, ob ein Selektionvorteil noch fortbesteht. Erstens erschweren Bildungsdefizite und jenseitsorientierte Weltsicht die Lösung globaler Probleme und begünstigen katastrophale Entwicklungen (welche die höhere Fortpflanzungsrate naiv religiöser Menschen schnell kompensieren könnten). Und zweitens kann heute jedes von religiösen Eltern geborene Kind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zum kritischen Rationalisten reifen.

    Wenn Sie uns einfach nur die Korrelation zwischen strenger Religiosität und Kinderreichtum präsentieren wollten, dann habe ich keine Einwände. Und die These, dass strikte Normensysteme via Gruppenidentifikation ihren eigenen Erhalt fördern, ist ja fast schon eine Trivialität.

    Falls sie aber glauben, damit eine Botschaft „pro Religion“ in die Welt hinaus zu senden, dann täuschen Sie sich. Weder Kinderreichtum noch In-group-Solidarität sind in einer überbevölkerten, multikulturellen Welt a priori positiv zu bewerten. Aus ethischer Perspektive können wir für die Menschheit nur hoffen, dass der kulturelle Erfolg der kritischen Vernunft den naiven Glauben weiter zurück drängen wird.

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  7. Na toll, jetzt hat es meinen ganzen Beitrag zerschossen, und der Anfang fehlt völlig…kann mir wer sagen, woran das liegt? ^^

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  8. @ Lilith

    Nun hatte ich eigentlich einen Beitrag des Dankes und der Bekräftigung einiger Ihrer Thesen geschrieben, aber der ging leider wohl verloren… Naja, dann auf diesem Wege: Danke für die differenzierte Wahrnehmung – und, ja, die Befunde (nicht nur der Religionsdemografie, sondern auch z.B. der Zwillingsforschung) weisen in die Richtung einer „normalen“ biokulturellen Evolution auch von Religiosität (analog z.B. zu Musikalität).

    @ folgsam & A.

    Das ist natürlich richtig: Evolutionsforschung ist immer historische Wissenschaft, da wir ja einen vergangenen Prozess untersuchen. Natürlich könnte es z.B. sein, dass wir uns durch unsere technische Intelligenz einmal selber zugrunde richten (Atombomben o.ä.) oder durch Religiosität die Überbevölkerung verschlimmern. Nur ist das natürlich kein Argument, die evolutionäre Herkunft dieser Merkmale nicht zu erforschen – im Gegenteil, erst durch Wissen haben wir die Chance, etwas für den Umgang damit zu lernen. Noch einmal: Reproduktionserfolg über Generationen hinweg ist kein Wert- oder Wahrheitsurteil, sondern schlicht der darwinsche Fitnessindikator.

    Ich hab dazu neulich einer andere Lokalzeitung ein Interview gegeben, in dem ich übrigens auch das Intoleranz-Argument fast gleichlautend mit A. verwendet habe. 🙂
    http://religionswissenschaft.twoday.net/stories/5319101/

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  9. Teil 1,5:
    Häufig wird daraus fälschlicherweise gefolgert, dass der Mensch außerhalb der Evolution stehe. Dass Moral und Zivilisation und Technologie sich nicht in das Schema geist- und ziellosen evolutionären Treibens einfügen ließen. Aber Intelligenz und Werkzeuge sind in Wirklichkeit gar kein Widerspruch zur Anpassung, sondern im Gegenteil hochentwickelte Formen selbiger.

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  10. Also erstens mal stärkt Religion den Zusammenhalt nur innerhalb der Gruppe. Ausserhalb der Gruppe tut Religion dem Zusammenhalt i.a. gar nicht gut. Seit einiger Zeit sind aber die Menschheit und ihre Probleme so ziemlich global, und sie scheinen durch globale Kooperation gelöst werden zu müssen.
    Zweitens sind wir global gesehen noch immer überbevölkert.
    Es fragt sich da schon, ob Gruppenzusammenhalt und karnickelhafte Vermehrung wohl wirklich auch im 21. Jhr. einen evolutionären Vorteil bringen, oder ob das Überleben der Menschheit nicht wohl doch eher davon abhängt, ob wir fähig sind, früher vorteilhafte „Tugenden“ abzulegen…

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  11. Teil 2:
    Die korrekte Folgerung ist daher vielmehr, die „Vererbungs“mechanismen nicht (rein) genetischer Anpassungen zu untersuchen, wie es Richard Dawkins‘ mit seinem Mem-Konzept tut. Wenn man das tut, merkt man, dass die genetische Evolution nur eine Umsetzungsform von Vererbung untersucht, aber keineswegs die einzige. Die zugrundeliegenden Prinzipien sind vielmehr universell, man findet sie in allen möglichen Bereichen wieder. Der Mensch steht somit nicht außerhalb der Evolution, sondern ist mit allem was er tut stets mittendrin.

    Die Konstruktion von Gegensätzen zur Abgrenzung vom Tierischen ist zwar sehr beliebt, etwa im Leib-Seele-Dualismus oder eben im Kultur-Natur-Dualismus. Wissenschaftlich ist das jedoch nicht 😉

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  12. Mein Beitrag scheint nicht angekommen zu sein. Sorry für einen eventuellen Doppelpost 🙂

    Teil 1:
    Bei den meisten Lebewesen reicht es aus, Evolution als rein genetisch zu begreifen. Der Versuch allerdings, die Entwicklung von einer Steinzeithorde zu einer Weltraumnation rein biologisch zu erklären, muss unweigerlich scheitern.

    Häufig wird daraus fälschlicherweise gefolgert, dass der Mensch außerhalb der Evolution stehe. Dass Moral und Zivilisation und Technologie sich nicht in das Schema geist- und ziellosen evolutionären Treibens einfügen ließen. Aber Intelligenz und Werkzeuge sind in Wirklichkeit gar kein Widerspruch zur Anpassung, sondern im Gegenteil hochentwickelte Formen selbiger.

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  13. Mein Beitrag scheint nicht angekommen zu sein. Sorry für einen eventuellen Doppelpost 🙂

    Bei den meisten Lebewesen reicht es aus, Evolution als rein genetisch zu begreifen. Der Versuch allerdings, die Entwicklung von einer Steinzeithorde zu einer Weltraumnation rein biologisch zu erklären, muss unweigerlich scheitern.

    Häufig wird daraus fälschlicherweise gefolgert, dass der Mensch außerhalb der Evolution stehe. Dass Moral und Zivilisation und Technologie sich nicht in das Schema geist- und ziellosen evolutionären Treibens einfügen ließen. Aber Intelligenz und Werkzeuge sind in Wirklichkeit gar kein Widerspruch zur Anpassung, sondern im Gegenteil hochentwickelte Formen selbiger.

    Die korrekte Folgerung ist daher vielmehr, die „Vererbungs“mechanismen nicht (rein) genetischer Anpassungen zu untersuchen, wie es Richard Dawkins‘ mit seinem Mem-Konzept tut. Wenn man das tut, merkt man, dass die genetische Evolution nur eine Umsetzungsform von Vererbung untersucht, aber keineswegs die einzige. Die zugrundeliegenden Prinzipien sind vielmehr universell, man findet sie in allen möglichen Bereichen wieder. Der Mensch steht somit nicht außerhalb der Evolution, sondern ist mit allem was er tut stets mittendrin.

    Die Konstruktion von Gegensätzen zur Abgrenzung vom Tierischen ist zwar sehr beliebt, etwa im Leib-Seele-Dualismus oder eben im Kultur-Natur-Dualismus. Wissenschaftlich ist das jedoch nicht 😉

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  14. Ob die erhöhte Nachkommenschaft auch tatsächlich in einem Selektionsvorteil resultiert lässt sich dagegen nicht so einfach sagen.

    In etwa 10.000 Jahren weiß man dann genaueres :>

    Vielleicht auch schon früher, die Mormonen zb. sind ja sehr damit beschäftigt Kräfte in die Aufhebung essentieller Menschenrechte in den USA (Proposition 8) zu investieren, da bleibt vielleicht nicht viel übrig um für die wirklich dringenden Probleme, deren Lösung in naher und mittelfristiger Zukunft überlebensnotwendig werden könnten.

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  15. Oh, ist der Artikel auch im Internet erschienen! Nett! Am 23.11. sollte der Vortrag auch im Nordwestradio zu hören sein.

    Zur Sache: Zunächst einmal vielen Dank für die differenzierten Kommentare! Und es ist tatsächlich schlicht so, dass ich seit vielen Jahren gemeinsam mit vielen Kollegen an der schlichten Frage arbeite, wie sich Religiosität in der Evolution des Menschen entwickelt hat. Dass wir heute weltweit einen Reproduktionsvorteil messen können, ist da natürlich spannend.

    @ nickpol: Du schriebst:
    „Zumal hier nicht ausreichendes Zahlenmaterial zur Verfügung steht, Blume hat die Hoffnung dass es so ist, nicht mehr und nicht weniger.
    Wissenschaftlich ist das nicht.“

    Nun, nett, dass Du aus einem Lokalzeitungsartikel darauf schließt! 😉

    Im Ernst: Zunächst habe ich natürlich brav Fachartikel beschrieben, die auch begutachtet wurden. Rüdiger Vaas und ich haben zudem die Befunde aus der Religionsdemografie (sowie aus anderen Disziplinen der evolutionären Religionsforschung) in einem Buch veröffentlicht: Gott, Gene und Gehirn, zur Frankfurter Buchmesse erschienen beim Hirzel-Verlag.
    http://www.science-shop.de/artikel/969531

    Allein schon im Bezug auf die demografische Wirkung benennen wir gut ein Dutzend unterschiedlichster Studien verschiedenster, unabhängiger Forscher in verschiedenen Erdteilen mit Datensätzen nicht nur von kleineren Studien, sondern auch von ganzen Volkszählungen etc. Hinzu kommen Fallstudien wie die Amischen, Mormonen oder orthodoxen Juden, deren Kinderreichtum ohne den Faktor Religion gar nicht zu erklären ist. Auch historische Befunde (z.B. zur Demografie der Spätantike) und vergleichende Beobachtungen bei heutigen Naturvölkern (z.B. den !Kung San) legen die entsprechende Wirkung auch für die Vergangenheit nahe. Und fast im Monatstakt kommen derzeit weitere Befunde dazu, die alle zum gleichen Ergebnis kommen: Religiöse Menschen pflanzen sich weltweit durchschnittlich erfolgreicher weiter. Das ist kein Wert- oder gar Wahrheitsurteil, sondern schlicht eine empirische Beobachtung. Und wer davon ausgeht, dass sich menschliches Leben einschließlich unserer Gehirne im Evolutionsprozess entwickelt haben, den braucht doch eigentlich nicht zu wundern, dass sich auch dieses Merkmal über Vorteile entwickelt hat – und weiter entwickelt. Die Evolutionstheorie ist schlichtweg umfassend zutreffend und genial! Da sollten wir uns doch einig sein, oder!? 🙂

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  16. Man kann das aber nicht an der Evolution fest machen und schon gar nicht in sie hinein interpretieren. Soziologisch mag das ja einigermaßen zutreffend sein. Als der Mensch religiös wurde, waren 95% seiner Evolution gelaufen.
    Der moderne Mensch schaltet in immer stärkerem Maße Mechanismen der Evolution aus, siehe Säuglingssterblichkeit, Lebenserwartung etc.
    Zumal hier nicht ausreichendes Zahlenmaterial zur Verfügung steht, Blume hat die Hoffnung dass es so ist, nicht mehr und nicht weniger.
    Wissenschaftlich ist das nicht.

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  17. Ich stimme Michael Blume zu 🙂

    Einfach gesagt lautet sein Befund, dass der Glaube an eine allumfassende, moralisch urteilende, machtvolle Kontrollinstanz den sozialen Zusammenhalt fördert. (Diese Art von Gottesvorstellung ist immer gemeint, wenn nicht Gegenteiliges oder Konkreteres gesagt wird, da sie das absolut dominante Konzept in unserem Kulturkreis ist.) Sein Erkenntnis drängt sich bei der Bezeichnung „Vater“ geradezu auf, aber viele Atheisten behaupten steif und fest, Religion hätte ausschließlich negative Folgen – ungeachtet der daraus resultierenden Widersprüche zur Evolutionstheorie. Was für den einen also eine triviale Offensichtlichkeit ist, haut den anderen vom Hocker. Daher ist seine Schilderung seines Argument durchaus notwendig und sinnvoll. Wer sein Argument als idiotensicher abtut, erklärt damit einen nicht unerheblichen Teil der Atheistenschaft zu Idioten 😉

    Natürlich ist entscheidend, durch welche Normen die Gemeinschaft geprägt ist. Wenn sie hochgradig gesundheitgefährdendes Verhalten einfordern – im Extremfall den Massenselbstmord der Mitglieder – resultiert das selbstverständlich nicht in Überlebensvorteilen! Ich habe es so aufgefasst, dass Blume lediglich ein zugrundeliegendes Prinzip veranschaulicht und keine Universalüberlegenheit von Religionen postuliert…

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  18. Dann ist die Forderung der katholischen Kirche, keine Kondome zu benutzen, Selektion pur. Sozialdarwinismus und Katholizismus erzeugen Selektionsdruck.

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  19. „Religiöse Gruppierungen seien unter Gesichtspunkten der Evolution dann besonders erfolgreich, wenn sie Mutterschaft und familiären Zusammenhalt nicht nur rituell, sondern auch im praktischen Alltag förderten und belohnten.“

    Ist Mutterschaft und ein familiärer Zusammenhalt gleichzusetzen mit Religion ? Oder ist es „nur“ ein Bonus, was mit dem Regelwerk des Aberglaube mitverkauft wird ?
    Und welche Art von „Religion“ wird hier übermittelt ? Das uns bekannte „dort-oben-ist-ein-Gotterlöser“ ? Der rituelle Hinduismus ? Der spirituell-meditative Buddhismus ? Oder der Voodoo-Kult und der Glaube an Bibi Blocksbergs Zauberkräfte ?

    Religion an sich ist eindeutigit ein Klebstoff, der Menschen (der selben Religion) aneinander heftet. Es überrascht nicht, dass ein Christ und eine Christin sich im (streng-)gläubischem Sinne zueinander finden und sich möglicherweise den Regeln nach paaren bzw. vermehren. Ich habe gehört, sowas soll auch in World of Warcraft und unter Star Wars bzw. Star Trek Fans Kreisen geschehen sein. World of Warcraft nehme ich allerdings nicht gerade als rituelle Religion wahr 😉 .

    Die Religionen sind ja keine „Ich gut, Du böse“ Grundsätze, sondern hochkomplexe Regelwerke. Einige schreiben vor, wer wo zu welcher Zeit dann was essen darf. Auch wird niedergeschrieben sein, wie man wo zu „verhüten“ hat. Diese, seit urzeiten überliefertes, Wissen kann sehr wohl das gemeinschaftliche Leben regeln – z.Bsp. die Fortpflanzung untereinander. Das die Religion allerdings von der Evolution speziell bevorzugt wird, kann ich aber nicht aus diesem Regelwerk erkennen. Schließlich haben sich Sekten ebenfalls innerhalb ihrer Gemeinde „fortgepflanzt“, genauso wie der Sexualtäter (Name entfallen), der in seinem Keller sich an den Kindern vergriffen hatte. Auch in diesen Fällen existierte keine „freie Wahl“ bei der Fortpflanzung, sondern sie mussten sich „den Regeln unterwerfen“.

    Der Glaube (an Gott, dem Auto, die Vulkanier) fördert ein Zusammenhalt. Und wo Menschen gleicher Interessen zusammen, und möglicherweise einem besonderem Regelwerk unterliegen sind, ist die Wahrscheinlichkeit einer Paarung höher, als auf „freiem Feld“, wo man die Interessen erst noch herrausfinden muss. Es wird sogar noch gefördert, wenn im Regelwerk explizit darauf hingewiesen wird, dass man sich untereinander paaren sollte. Dann wird es vom „Rudelführer“ propagiert und Menschen werden dann gemäß dem Regelwerk passend „verkuppelt“.

    „Umgehauen“ hat mich dieser Bericht nun nicht gerade. Ersetzt man „Religiöse Gruppierungen“ durch „Trekkies“, „Big Brother Fans“ oder „68er-Hippies“, dann schwächt sich das ganze für mich rasend schnell ab.

    „Es sei nicht zu verkennen, dass es in Religionsgemeinschaften immer wieder auch eine Tendenz zur massiven Abwehr und Unterdrückung von Außenstehenden gebe.“

    Natürlich hat er damit recht. Denn diese Abwehr und Unterdrückung basiert auf dem gleichen Regelwerk wie die der Fortpflanzung und folgt den gleichen Rudelgesetzen. And now ? Was ist daran nun spektakulär neu ? Meiner Meinung nach hat Herr Dr. Blume nicht viel neues auf den Tisch gelegt.

    „Aus evolutionstheoretischer Sicht stelle sich die Frage, ob sich religiöse Riten auch auf die menschliche Weiterentwicklung auswirken.“

    Wenn nicht, wären diese Riten dann längst a) ausgestorben, oder b) in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Durch Religionsführer werden uns heute diese Riten – größtenteils in unabgewandelter Form – ständig vorgeführt und „vorgelebt“. Durch die ständige Präsenz und Gewichtung wird dem Ritus sozusagen einen Schrittmacher implantiert. In nicht so streng-religiösen Gruppierungen sind einige Rituale längst vergessen. Das Tischgebet vor dem Essen wird z.Bsp. nicht gerade oft bei McDonalds praktiiert – selbst in USA 😉 . Anders sieht es aus, wenn ein Feiertag präsent ist. Dann wird der Turkey ausgepackt und die gesammte Zeremonie-Apparatur kommt in Fahrt. Bei uns wird es wohl Weihnachten so weit sein 😉 .

    „So wüssten alle soziokulturellen Gemeinschaften um teils aufwändige Bestattungspraktiken, die bereits seit der Steinzeit praktiziert würden.“

    Wenn man den Leichnahm gemeinsam vergrabt, dessen Hirn zwecks Informationsaufnahme verspeist oder verbrennt, fördert man durch die Zusammenkunft der Gemeinschaft auch das Wohl und die Kontaktpflege untereinander. Man kommt dank diesem Ereignis in einen Kontakt und so erfolgt möglicherweise ein Informationsaustausch. Die Chance, weitere Kontakte seinem sozialem Netzwerk hinzuzufügen steigt mit der Anzahl solcher sozialen Zusammenkünfte.

    „Offensichtlich, so Michael Blume, könnten erwünschte Verhaltensweisen durch religiöse Überhöhung und die Einbeziehung außerirdischer Wesen gefördert werden.“

    Natürlich hat er damit Recht. Ob man bei einer Beerdigung zusammenkommt, weil der Obervater dies angeblich in einem dicken Buch geschrieben hat, oder weil es Teil des Wehrdienstes ist, neben dem Leben auch den Tod vor Augen zu haben, spielt aber für die Zusammenkunft eine nicht unerhebliche Rolle. Im erstem Falle pflegt man die soziale Komponente mit hilfe des Gottesklebstoffes, und im zweitem Falle ist es der Wert des Lebens, der zu Schützen ist. Im erstem Falle allerdings würde ich gerne den Beweis des Buchautors sehen 😉 .
    Die Praktiken, sich gemeinsam zu treffen – ob Beerdigung, Geburtstag, Hochzeitstag, … – fördern das Gemeinwohl und die Gemeinschaft. Sie können durch religiösem Aberglauben ein Thema folgen. Aber genauso kann man auch ohne ein religiöses Zauberritual das Gemeinschaftsgefühl stärken.

    „So sei nachgewiesen, dass in gut funktionierenden Religionsgemeinschaften der solidarische Zusammenhalt auch über weite Entfernungen beibehalten werde, ohne dass es dazu zusätzlicher staatlicher Kontrollinstanzen bedürfe.“

    Die Definition von „gut funktionierenden Religionsgemeinschaften“ klappt nur, wenn der Wert dieser Gemeinschaft an z.Bsp. unserer gemessen wird. In einigen Kulturen ist ein Zwangsehe gang und gäbe, wärend sie hierzulande verachtet wird. Familienehre steht in einigen Gegenden weit über dem Menschenrecht und z.Bsp. der Mord an der eigenen Schwester ist selbst in unseren Breitengraden bekannt geworden. In welcher Art sei diese Gemeinschaft, dessen „Rituale“ wohl aus der Religion entstammten, nicht richtig „funktionsfähig“ ? In ihren Augen war doch alles OK. So „sollte“ es sein, deren Meinung nach. Und für die sind dann wir die falsch-laufende Gemeinschaft.

    Hier wird dann mit dem selben Regelwert – es unterscheidet sich eben von unserem – eine Gemeinschaft gefördert, die „andersdenkende“ als Feinde ansieht. Und alles natürlich im Namen der Religion.

    Der Titel „Glaube an Gott fördert die Fortpflanzung“ würde ich eher als „Glaube an Regeln fördert die Fortpflanzung“ ansehen wollen. Gott (Allah, Jesus, …) hat als kontrollierende Instanz nie seine Regeln als richtig oder falsch definiert. Dies haben nur sogenannte Regelführer … ups … Religionsführer getan. Und in deren Namen handeln viele Menschen heute (in)human.

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  20. Religiöse Rituale fördern den Gruppenzusammenhalt und Gläubigkeit ermuntert zum Kinderkriegen. Fein. Und was soll uns das durch die Blume sagen?

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  21. „Reevolution“

    Den Naturalisten bleibt auf diese Art wenigstens die „Hölle“ erspart, die Gläubigen werden sie bekommen, und zwar schon im Diesseits, auf Erden, wenn es so weitergeht.

    Als Kind lebte ich eine Zeitlang auf einem Südeseeatoll, das heutzutage Kiribati genannt wird.

    Nach den letzten Prognosen wird es in 50 Jahren komplett überflutet sein, aber auch jetzt schon ist es völlig verdreckt.

    Für mich war es das Paradies auf Erden, damals.

    Aber um meinem Misantrophismus mal entgegen zu wirken, ich denke, das Freidenkertum wird auch zum grossen Teil von Faktoren geprägt, die nicht in den Genen zu suchen sind.

    Das sind eher gesellschaftliche und allgemeine soziale Einflüsse, die einen prägen wie beispielsweise ein paar eklige Chemikalien, die zusammengeschüttet ein köstliches Gummibärchen ergeben.

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  22. @Chemiker
    Genau das meine ich ja! Eigentlich müssten sich religiöse Menschen ja vermehren wie die Karnickel. 🙂 Das sie es nicht tun, kann doch nur dadurch erklärt werden, dass der Virus Religion nicht auf die Kinder übertragen wird, diese also quasi immun sind. Ansonsten gäbe es ja keinen demografischen Wandel, sondern eine Bevölkerungsexplosion, oder die religiösen Menschen müssten zu mindestens einen immer größeren Prozentsatz an der Bevölkerung ausmachen.
    @BipoX
    Wenn ich dich richtig verstehe, vermehren sich nur noch die „Gläubigen“ und die „Naturalisten“ sterben aus?
    Aber wäre das nicht das Gegenteil von Evolution, sowas wie Reevolution? 🙂

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  23. Ein weiterer Aspekt:

    Naturalisten scheuen sich eher, Kinder in eine „Welt vor dem Abgrund“ hineinzusetzen, aber für Gläubige gibts ja für ihre Kinder später auch noch das Glück im Himmelreich.

    Vielleicht ist diese Reduktion der Menschenmasse ja auch evolutionär gewollt, bevor der „vernunftbegabte“ Mensch alles komplett ruiniert, so wie bei den Ratten, die unfruchtbar werden, wenn der Platz eng wird.

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  24. @ Karsten: Also so deutlich zeigt das m.E. Nichts. Ich kann Herrn Blume durchaus in seiner Argumentation folgen. Es bleibt fraglich, ob sich der demografische Wandel auch so vollzogen hätte, wenn die Deutschen religiöser geblieben wären.
    Abgesehen davon schadet es der Erde nichts, wenn es irgendwann weniger Menschen gibt ;o)

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  25. Dass streng religiöse Frauen im Durchschnitt mehr Kinder haben als religiös desinteressierte Frauen ist ja nun wirklich nicht verwunderlich. Dies liegt auf der einen Seite am Verbot von Verhütungsmitteln und Abtreibung und darüber hinaus am vermeintlichen „Lebensziel“ der Frauen Gott viele Kinder zu schenken.
    Aber nichtsdestotrotz verringert sich die Religiosität, zu mindestens in Deutschland, von Generation zu Generation immer weiter. Dies zeigt doch deutlich, dass Religion weder mit Evolution, noch mit Erziehung (aka Indoktrinierung) erklärt werden kann!

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