Anthroposophische Geisterwelten


Schild und Schwert der „Anthroposophie“

Lorenzo Ravagli – wähnt sich in einer satanischen Epoche  (Foto: Verlag Freies Geistesleben)
Lorenzo Ravagli – wähnt sich in einer satanischen Epoche (Foto: Verlag Freies Geistesleben)

Nachrichten aus der Welt der Anthroposophie

Anthroposophen (Zum Geleit) nutzen eine sehr eigentümliche Sprache. In ihr haben geläufige Worte eine vom allgemeinen Verständnis stark abweichende Bedeutung. Begriffe wie Demokratie, Individuum oder Pädagogik besagen im anthroposophischen Sprachgebrauch beispielsweise in etwa das Gegenteil von dem, was landläufig darunter verstanden wird. Die Vokabel „Geisteswissenschaft“ vereinigt die Wörter Geist und Wissenschaft. Anders jedoch als in diesem Kontext üblich, verstehen die Anthroposophen „Geist“ tatsächlich als eine Art Synonym für Gespenst, und „Wissenschaft“ meint nichts anderes als Esoterik (Geheimlehre). Die anthroposophische „Geisteswissenschaft“ heißt also in der deutschen Sprache soviel wie Gespenster-Geheimlehre.

Das hört sich zweifellos vollkommen absurd an, und das ist auch den Anthroposophen klar. Wer außer ihnen würde schon seine Kinder zu einer Waldorf/Rudolf-Steiner-Schule schicken, die sich offen dazu bekennt, Erziehungsorgan einer Gespenster-Geheimlehre zu sein? Deshalb reagieren Anthroposophen äußerst gereizt darauf, wenn das, was sie praktizieren, klar beschrieben und benannt wird. Aggressivitätsfördernd wirkt dabei noch zusätzlich, dass Anthroposophen nicht nur an ihre „Geistige Welt“ glauben, sondern restlos davon überzeugt sind, nur ihre „Einsichten“ in die verborgenen Mächte des Bösen könne die Menschheit erlösen. Das rechtfertigt aus ihrer Sicht ein rigoroses Vorgehen gegen alle „Widersacherkräfte“. Wie das in der Praxis aussieht, veranschaulicht das Beispiel Lorenzo Ravagli.

Anthroposophie als Beruf(ung)

Lorenzo Ravagli hat nichts wirklich gelernt. Laut offizieller Vita hat er in Dornach Schauspiel und in Basel Philosophie studiert. Letzteres ist nicht ausgeschlossen, der Umfang aber fraglich und ein Abschluss nicht vorhanden. Was sein „Studium“ in Dornach anbelangt: In dem kleinen Ort unweit von Basel gibt es keine Universität, an der jemand studieren könnte. Gemeint ist hier vielmehr ein Aufenthalt Ravaglis am „Goetheanum“, dem Sitz der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft (AAG) und ihrer sogenannten „Freien Hochschule für Geisteswissenschaft“. Was „Geisteswissenschaft“ in der Anthroposophen-Prosa bedeutet, wurde bereits gesagt. „Freie Hochschule“ heißt hier: Zugelassen sind zuverlässige Anthroposophen, die „fortgebildet“ werden in Anthroposophie. Niemand sonst wird aufgenommen und nichts anderes wird unterrichtet. „Frei“ ist diese vermeintliche „Hochschule“ wie auch die „Freien Waldorfschulen“ ausschließlich in ihrer Rechtsform, der „freien“, d.h. nicht-öffentlichen, privaten Trägerschaft. Auch Ravaglis Berufsbezeichnung „Feier Publizist“ ist alles andere als zutreffend. Als Autor lebt er ausschließlich von den Aufträgen und den Publikationsorganen des anthroposophischen Netzwerkes, wie der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft, deren Rudolf-Steiner-Nachlassverwaltung und dem Bund der Freien Waldorfschulen. Für dessen „pädagogische“ Zeitschrift „Erziehungskunst“ arbeitet Ravagli ferner als „Redakteur“, nachdem er 12 Jahre als Waldorflehrer tätig war, alles ohne fachliche Ausbildung, versteht sich.

Bereits für den Sektengründer (Anthroposophie und Sektenbegriff) Rudolf Steiner (1861-1925) war eine akademische Ausbildung ein „materialistisch-intellektualistischer“ Hemmschuh. Entscheidend sei vielmehr die „Gesinnung“, die anthroposophische Weltanschauung, oder kurz, der Glaube an Rudolf Steiners Selbststilisierung zum Hellseher. Auch und gerade in Bereichen, in denen der Gesetzgeber eine akademische Ausbildung zwingend vorschreibt, wie für den Lehrer- oder Arztberuf, bestand Qualifikation für Steiner darin, seinen „Schauungen“ zu folgen. (Gemeingefährlich statt gemeinnützig) So weit es ihnen möglich ist, handeln Anthroposophen konsequent unverändert nach dieser Auffassung. Lorenzo Ravagli hat sich für seine „Bewegung“ allein dadurch ausgezeichnet, ein bedingungsloser Vollstrecker der „Anthroposophie“ zu sein, der rigoros nach dem Motto handelt: Der Zweck heiligt die Mittel.

Besonders dankbar waren die AAG und der Bund der Freien Waldorfschulen, für Ravaglis Handreichungen bezüglich der rassistisch gesättigten Evolutionsphantasien Rudolf Steiners und dessen herausragend schäbigen Ausfällen über „degenerierte“ und folgerichtig „absterbende“ Bevölkerungsgruppen. Der Genozid an den amerikanischen Ureinwohnern wird so zu deren verdientem Schicksal. Die anthroposophischen Verbände verbreiteten nach Kräften Ravaglis Prosa. Jeder Anthroposoph sollte sich ein Beispiel daran nehmen, wie es Ravagli gelungen war, den schwarz auf weiß für jeden nachzulesenden Rassenwahn nicht nur mit grobschlächtigen Parolen zu bestreiten, sondern zum extraordinären Humanismus umzudeuten, wie es Jana Husmann-Kastein gegenüber dem „Stern“ formulierte. (Der Stern, 16.11.2007) Lorenzo Ravagli und sein Kollege Hans-Jürgen Bader schafften es sogar, ein „entlastendes“ Zitat Rudolf Steiners zu präsentieren, das nicht nur ihre Buchtitel zierte, sondern zum Renner der anthroposophischen Apologetik wurde. Allerdings hatten sie diese Passage nicht in Steiners Werk gefunden, sondern selber erfunden. (Falsche Propheten) Kurz nachdem das publik wurde, schloss die Rudolf Steiner Nachlassverwaltung ihre Online-Volltextsuche der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe (GA), die zum Ärger der Anthroposophen auch dazu dienen konnte, derlei Fälschungen schnell und eindeutig nachzuweisen. (Der dritte Mann)

Korrekte Zitate sind Ravagli hingegen ein Dorn im Auge. Das gilt sowohl für Rudolf Steiners Hinterlassenschaft als auch für seine eigenen Worte. Geht es um das gemeinsam von Ravagli und dem ehemaligen Waldorflehrer und NPD-Politiker Andreas Molau (heute DVU) verfasste Buch „Falsche Propheten„, hält Ravagli einwandfreies Zitieren für rechtlich unzulässig. So beauftragte er jüngst den Anwalt Michael Hubertus von Sprenger von der Münchener Kanzlei „Von Sprenger-Von Lavergne-Schoeller“ damit, Unterlassungserklärungen an Andreas Lichte und Patrick Gensing von NPD-Blog.Info zu versenden. Dort war ein Interview mit Andreas Molau, dem Ko-Autoren Ravaglis erschienen, das gar nicht in das derzeitige Konzept der Anthroposophen passte. Ravaglis Anwalt forderte allen Ernstes, es grundsätzlich zu unterlassen, aus dem gemeinsamen Buch von Molau und Ravagli, das aus einem Briefwechsel der beiden Verfasser besteht,

„selbst oder in Form von Interviews wörtlich oder sinngemäß zu zitieren“. (Schreiben von Lavergne i.A. von Sprengers vom 11.03.2009)

Zwar ist diese Forderung, die von der Anwaltskanzlei zunächst mit dem Urheberrecht, dann ersatzweise doch lieber mit dem Persönlichkeitsrecht ihres Mandanten begründet wurde, äußerst abwegig, aufgrund der Drohung, sämtliche Gerichtsinstanzen nutzen zu wollen, um die Kosten in die Höhe zu treiben, entschlossen sich Interviewer und Blogbetreiber jedoch zu einem Vergleich. Der Artikel erscheint nun ohne die wörtlichen Zitate Ravaglis. (NPD und Waldorfschule) Zufrieden dürfte der anthroposophische Großsprecher damit aber wohl kaum sein. Schließlich ging es ihm nicht nur darum, seine Vorstellungen von die Weltgeschichte bestimmenden „ahrimanisch-luzifernischen Mächten“, den aus anthroposophischer Sicht veritablen „Geistern der Finsternis“ auf der einen und den „Erzengeln“ und „Menschheitsführern“ auf der anderen Seite, nicht länger öffentlich ausgebreitet zu sehen, sondern vor allem darum, das gesamte Buchprojekt mit dem Herrn von Rechtsaußen vergessen zu machen.

Dafür gibt es freilich gute Gründe. Bemühen sich doch die Strategen der organisierten Anthroposophie darum, öffentlich als honorige Philanthropen zu erscheinen, die mit antidemokratischen und rassistischen Positionen rein gar nichts zu tun hätten. Hinzu kam dann auch noch die neue Aufgabe des Anthroprosators. Nachdem Ravagli sich große Verdienste erworben hatte, den für jeden offenkundigen Rassismus Rudolf Steiners zumindest für Anthroposophen zum Vorbild wahrhaft ethischer Gesinnung zu stilisieren, sollte er nun das wissenschaftliche Werk des Historikers Helmut Zander (Anthroposophie in Deutschland) als inakzeptable Steiner-Lästerung entlarven, die mit bewussten Fälschungen Bestandteil einer „verdeckten Agenda“ gegen die „Anthroposophie“ sei. Angekündigt wurde die aktuelle Prosakunst Ravaglis bereits frühzeitig von dessen Mitstreiter Andreas Neider von der deutschen AAG. (Gefährliche Wissenschaften) Aber diesmal musste Ravagli noch mehr bieten als zuvor. Seine „Entgegnung“ auf Zanders Habilitationsschrift sollte nämlich nicht wie gewohnt von einem anthroposophischen Verlag kolportiert, sondern als „wissenschaftliche“ Richtigstellung dargeboten werden.

„Hermeneutiker“ der „Geistigen Welt“

Ravagli, der sich zwar mit Andreas Molau angeregt zu unterhalten wusste, Wissenschaftler und Journalisten hingegen hasst wie die Pest, stand vor der Herausforderung, möglichst überzeugend in die Rolle seiner schlimmsten Feinde zu schlüpfen und einen Text zu verfassen, der von einem nicht-anthroposophischen Verlag veröffentlicht werden könnte, ein Novum, für das sich nun tatsächlich der Berliner Wissenschafts-Verlag hergegeben hat. Seriosität stand auf dem Programm und in das passte der Gedankenaustausch mit Molau nicht gut hinein, so dass die Kanzlei „Von Sprenger-Von Lavergne-Schoeller“ unterstützend mitwirken musste, um das angestrebte neue Image sauber zu putzen.

Für weiteren Glanz sorgte Walter Kugler, der das Vorwort und damit den Klappen- und Werbetext für Ravaglis aktuelles Elaborat beisteuerte. Kugler, als Leiter des Dornacher Rudolf-Steiner-Archivs maßgeblich an der Herausgabe der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe beteiligt, unterzeichnet neuerdings als „Prof. Dr. Walter Kugler, Oxford“. Das macht Eindruck. Kugler ist allerdings keineswegs Professor der berühmten University of Oxford, sondern der Oxford Brookes University. Wofür genau er Professor ist, darüber gehen die Bezeichnungen noch etwas auseinander. Mal ist er zuständig für „social sculpture“ (Oxford Brookes) oder für „fine art“ (anthromedia) und fächerübergreifend auch für „creative stategies“ (Rudolf-Steiner-Archiv), was wohl am ehesten passt. Fest steht immerhin, dass Kugler sich seinen Professorentitel nicht mühsam erforschen und erschreiben musste. Er bekam ihn „gespendet“ von der niederländischen „Iona-Stichting“, einer Partnerorganisation der deutschen „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners„, die auf vielfache Weise das anthroposophische Netzwerk in Europa unterstützt, u.a. das Goetheanum und die GLS-Bank. Das vermeintliche Renommee „Professor Kuglers aus Oxford“ ist nichts weiter als eine potemkinsche Kulisse anthroposophischer Provenienz.

Das Vorwort des „Prof. Walter Kugler“ beinhaltet nicht mehr und nicht weniger als eine Aneinanderreihung irrsinniger Sottisen gegen Helmut Zander. Jedem Lektor hätte auch ohne größere Vertrautheit mit dem Thema auffallen müssen, dass sich hier kein achtbarer Wissenschaftler, sondern ein bockbeiniger Esoteriker zu Wort meldete. Helmut Zander „geriere“ sich in seiner Habilitationsschrift lediglich wissenschaftlich, verkündet Kugler, der Rudolf Steiners antisemitische Phrasen für berechtigte „judenkritische“ Darlegungen hält. (Rudolf Steiners Verlag) Lorenzo Ravagli liefere dagegen nun eine „eingehende Studie“, in der er seinen „Anspruch an wissenschaftliche Redlichkeit“ zum Ausdruck bringe. Diese wird Helmut Zander selbstredend abgesprochen. Der würde die „Quellen“ teils aus Unvermögen, teils aus Vorsatz verfälschen, weigere sich (auf knapp 2000 Seiten) Rudolf Steiner „ernsthaft einem wissenschaftlichen Diskurs zu unterziehen“ und vernachlässige die wegweisenden „Forschungen“ der „großen Okkultisten aller vorangehenden Epochen“. (Ravagli, Lorenzo: Zanders Erzählungen. Eine kritische Analyse des Werkes „Anthroposophie in Deutschland“, Berlin 2009, Vorwort Walter Kugler, S. 11-15)

Nun hat Lorenzo Ravagli aber keinerlei eigene Forschungen vorzuweisen. In seiner Hilflosigkeit, empirischer Wissenschaft irgendetwas entgegensetzen zu sollen und zu wollen, fuchtelt Ravagli wahllos mit Begriffen wie „Dekonstruktivismus“, „Positivismus“ und „Hermeneutik“, die er zu einer Art kategorischen Imperativ für den anthroposophischen Hausgebrauch zusammenfasst, wenn er den Helmut Zander bescheinigten „Tatsachenpositivismus“ dadurch „dekonstruieren“ will, dass er eine „Hermeneutik“ praktiziere, die der Prämisse folge:

„Nicht Fakten und Ereignisse sind der eigentliche Inhalt der Geschichte, durch den sie für uns Bedeutung erlangt, sondern die Bedeutung, die sie in unserer verstehenden Auslegung und Aneignung für uns gewinnt. (ebd., S. 22)

Für die Handhabung von Lorenzo Ravagli und seines Kompagnons Hans-Jürgen Bader, der in diesem Fall Korrektur las, lässt sich das durchaus schnörkelloser formulieren, mit dem bekannten Handwerkerprinzip: Was nicht passt, wird passend gemacht. Ravaglis spezielle „Hermeneutik“ besteht ganz einfach darin, die Selbststilisierung Rudolf Steiners zum kosmischen Hellseher für bare Münze zu nehmen, den Hochstapler als Heiligen zu verehren und alles, was nicht in dieses „spirituelle“ Bild passt, als unqualifizierten und bösartigen Angriff auf die Anthroposophie zu verdammen. Dabei wird in paranoider Ekstase die Zurückhaltung und das mehr als weitreichende Entgegenkommen Helmut Zanders in öffentlichen Interviews (Anthroposophie ist toll) als besonders perfide Strategie, als Tarnung einer „verdeckten Agenda“ (Ravagli: Zanders Erzählungen, a.a.O., S. 11 ) „interpretiert“, in der Zander als Werkzeug des „Ahrimans“, den „Mächten der Finsternis“ zu Diensten sei, wovor schon frühzeitig das Vorstandsmitglied der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft, Sergej Prokofieff, die Anhängerschaft gewarnt hatte. (Gefährliche Wissenschaften)

Als Begründung führt Ravagli einen früheren Aufsatz von Helmut Zander an, in dem er ein Gutachten des Nationalsozialisten Alfred Bäumler erwähnt, das eine „wesentliche Übereinstimmung“ von nationalsozialistischen und anthroposophischen Menschheitsvorstellungen konstatiere. Der Nationalsozialist habe jedoch, so Ravagli, das genaue Gegenteil formuliert, nämlich, dass die Rassenvorstellungen der nationalsozialistischen und der anthroposophischen „Bewegung“ keineswegs identisch, sondern unvereinbar seien. (Ravagli: Zanders Erzählungen, a.a.O., S. 10 f.) Tatsächlich hatte Bäumler 1937 ein Gutachten über eine Dresdner Waldorfschule, stellvertretend für die gesamte Schulform verfasst. Darin machte er einerseits Unterschiede hinsichtlich menschlicher „Rassen“ sowie eines „priesterlichen“ und eines „soldatischen“ Lehrertypus geltend.

„Gleichzeitig sprach er aber dem Lehrplan in methodischer und künstlerischer Hinsicht, besonders der Eurythmie, Anerkennung aus. Bäumler klagte sodann, dass mit den neuen Fächern wie Vorgeschichte und Rassenkunde im Grunde der Intellektualismus der Aufklärungsepoche nicht überwunden wurde und das Schulsystem immer noch das alte sei. Unter diesem Gesichtspunkt käme dem Lehrplan und der Praxis der Waldorfschulen eine hohe Bedeutung zu:

In methodischer Hinsicht müssen wir in dem Steinerschen Lehrplan das erste durchgebildete, nicht-intellektualistische Unterrichtssystem anerkennen (…) Mit Rücksicht auf die großen Vorzüge der Waldorfpädagogik ist zu erwägen, ob es möglich wäre, staatliche Versuchsschulen unter Zugrundelegung eines modifizierten Waldorf-Lehrplans aufzubauen.

(Werner, Uwe: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945), München 1999, S. 220 f.)

Besonders erboste Ravagli, die AAG-Führung und deren Rudolf-Steiner-Nachlassverwaltung, dass Helmut Zander seinen Aufsatz der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) zugesandt hatte, die 2007 ein Indizierungsverfahren gegen zwei Bände der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe durchführte. (Anthroposophischer Journalismus) Passte doch dessen Inhalt nicht zu der ebenso umfangreichen wie aberwitzigen Stellungnahme, die von den anthroposophischen „Hermeneutikern“ der Behörde als einzig wahre Wahrheit vorgelegt wurde. (Die Reihen fast geschlossen) Die BPjM sah die Tatbestände „Rassen diskriminierend“ und „zum Rassenhass anreizend“ erfüllt, verzichtete aber schließlich auf eine Indizierung der Bände, unter der Auflage und dem Versprechen des Rudolf-Steiner-Verlags, bis zur Fertigstellung einer kritisch kommentierten Neuauflage die vorhanden Exemplare mit einer eingelegten Erklärung zu versehen. Daraus wurde jedoch nichts. Ohne sanktionsfähige Fristsetzung fühlten sich die Anthroposophen nicht an ihr Versprechen gebunden und Walter Kuglers Kollege Jonathan Stauffer, Leiter des Rudolf-Steiner-Verlags, erklärte der Basellandschaftlichen Zeitung gut ein Jahr später nonchalant:

„Wir haben gar keine kommentierenden Zettel hergestellt, weil sie aus dem Buch herausfallen könnten.“ (Baselland. Zeitung, 02.12.2008, vgl. HPD)

Rassismus und Exorzismus

Sein neues Buch richte sich wie Zanders Forschungsarbeit an eine akademische Leserschaft. Die möchte Ravagli von den wissenschaftlichen „Holzwegen“ auf den rechten Pfad der anthroposophischen Anschauung bringen. (Ravagli: Zanders Erzählungen, a.a.O., S.17) Von vornherein beschränkt sich der Anthroposoph darauf, nur den ersten der beiden Teilbände von Zanders „Anthroposophie in Deutschland“, zu thematisieren. Er ist sich sicher, dadurch das wissenschaftliche „Zerrbild“, das „Sammelsurium von Irrtümern, Unterstellungen, Fehlinterpretationen und Willkürannahmen“, ohne jede „Polemik“ entlarvt zu haben. Seine „Metakritik“ würde Werk und Autor gleichermaßen „disqualifizieren“. (ebd., S. 18, 255) Gewiss, so verbreiten es die anthroposophischen Multiplikatoren im Internet und so wird es die Gefolgschaft der „Bewegung“ ihren „Medienschaffenden“ wie immer abnehmen. Außerhalb dieser Parallelgesellschaft wird die Prosa-, Interpretations- und Zitier-Kunst, die Ravagli nun auf 440 Seiten ausbreitete, zweifellos keine Resonanz finden.

Allein das vermeintliche „Zitat“ Rudolf Steiners, das jahrelang von jedem Anthroposophen nachgesprochen wurde, präsentiert Ravagli in seinem neuen Buch nicht noch einmal. (Falsche Propheten) und das ist auch das einzige, was neu ist. Ansonsten bleibt er dabei, sich ohne jede Einschränkung auch zu Steiners Rassismus zu bekennen, was natürlich ebenso für „Prof. Kugler“ und die AAG-Führung gilt. Es gebe in Steiners Werk keine Rassentheorie, auch keinerlei einzelne Entgleisungen oder einen Eurozentrismus, so der „Hermeneutiker“ Ravagli. (ebd., S. 287 ff.)

„Es ist weiterhin unzutreffend, wenn Zander behauptet, die Völker seien für Steiner »Substrukturen der Rassen«. Nach Steiners Verständnis müsste man vielmehr von »Hyperstrukturen« sprechen. Völker sind nach Steiners Definition in GA 121 Gruppen von Menschen, in deren Ätherleib ein und derselbe Erzengel wirkt. »Rasseneigenschaften« sind auf das Wirken von »zurückgebliebenen« Geistern der Form im physischen Leib des Menschen zurückzuführen. Während die Völkererzengel mit der seelischen Differenzierung der Menschheit in der nachatlantischen Zeit verbunden sind und auf die Christuswesenheit als ihren »Lehrmeister« hinblicken, was dazu führt, dass es keine »wirklichen Gegensätze« zwischen Völkern geben kann, wenn sich deren Angehörige mit den Inspirationen der jeweiligen Erzengel verbinden, wirken die »zurückgebliebenen« Geister der Form der von Christus angestrebten Verbrüderung der Menschheit antagonistisch entgegen.“ (ebd., S. 286)

Bei Steiner hört sich das, um nur zwei Beispiele von vielen zu nennen, die selbstverständlich auch Ravagli bekannt sind, hingegen so an:

„Die schreckliche Kulturbrutalität der Verpflanzung der schwarzen Menschen nach Europa, ist eine furchtbare Tat, die der Franzose an anderen tut. Sie wirkt in noch schlimmerer Weise auf Frankreich zurück. Auf das Blut, auf die Rasse wirkt das unglaublich stark zurück. Das wird wesentlich die französische Dekadenz fördern. Das französische Volk wird als Rasse wieder zurückgebracht.“ (Rudolf Steiner, GA 300, Bd.2, S. 282)

„Neulich bin ich in Basel in eine Buchhandlung gekommen, da fand ich das neueste Programm dessen, was gedruckt wird: ein Negerroman, wie überhaupt jetzt Neger allmählich in die Zivilisation von Europa hineinkommen! Es werden überall Negertänze aufgeführt, Negertänze gehüpft. Aber wir haben ja sogar schon diesen Negerroman. Er ist urlangweilig, greulich langweilig, aber die Leute verschlingen ihn. Ja, ich bin meinerseits davon überzeugt, wenn wir noch eine Anzahl Negerromane kriegen und geben diese den schwangeren Frauen zu lesen, in der ersten Zeit der Schwangerschaft namentlich, wo sie heute ja gerade solche Gelüste manchmal entwickeln können – wir geben diese Negerromane den schwangeren Frauen zu lesen, da braucht gar nicht dafür gesorgt werden, dass Neger nach Europa kommen, damit Mulatten entstehen; da entsteht durch rein geistigs Lesen von Negerromanen eine ganze Anzahl von Kindern in Europa, die ganz grau sind, Mulattenhaare haben, die mulattenähnlich aussehen werden.“ (Rudolf Steiner, GA 348, S. 185)

Das einzige, was Ravagli der Forschungsarbeit Helmut Zanders hier wie in seinem gesamten Buch entgegenzuhalten vermag, ist die brachiale Leugnung und Umkehr schlichter Fakten nebst des Vorwurfs, der Historiker habe nicht wie die Anthroposophen die Wahnwelt („Geistige Welt“) des Psychopaten Rudolf Steiner als wahre Erleuchtung akzeptiert und der Realität unverzüglich und uneingeschränkt abgeschworen. Eine Historisierung und Kontextualisierung Rudolf Steiners und seiner „Anthroposophie“ wird als Frevel angesehen, der nicht nur bei Ravagli, sondern dem gesamten Sekten-Kollektiv zu wutschnaubender Empörung führt. Schließlich gilt für Steiners Jünger:

„Wer sein Erkenntnisvermögen zur Wahrnehmung des Wesens, des ewigen Ursprungs des zeitlich vergänglichen erhebt, ist in seiner Geschichtserkenntnis nicht auf vergängliche Zeugnisse angewiesen. Dieser fortbestehende, unvergängliche Ursprung der Geschichte wird von Steiner als ‚Akasha-Chronik‘ bezeichnet. Die ‚geistige Welt‘, das heißt, das Unvergängliche, das im Vergänglichen gegenwärtig ist, birgt das vergangene in seiner unvergänglichen Form in sich. Im ewigen Geist ist es lebendig.“ (Ravagli: Zanders Erzählungen, a.a.O., S. 261)

Für Ravagli und die seinen steht fest, dass Steiner seine „Erkenntnisse“ via der exklusiv nur von ihm zu dechiffrierenden „Akasha-Chronik“, einem universalen „Weltgedächtnis“, das nur in des Hellsehers „Schauungen“ existiert, direkt aus dem „Kosmos“ bezog. Vergängliche irdische Quellen hätte er allenfalls zur Illustration und Vermittlung herangezogen. Wer diesen Blödsinn nicht widerspruchslos nachbete, der wolle nur das „Element der Heiligkeit“ zertrümmern, das sich beispielsweise in Steiners „Keuschheit“ gegenüber Frauen, unter anderem seiner Ehefrau, zeige. (ebd., S. 45) Die reale Geschichte, um die es dem Historiker Zander ging, ist für die Anthroposophen falscher Schein. Das Weltgeschehen wird unsichtbar von jenen Kräften bestimmt, die Rudolf Steiner herbei phantasierte, von Erzengeln und ihren Widersachern, in Gesellschaft zahlreicher Naturgeister und Dämonen, die sich bisweilen als kleine Schulmädchen tarnen. (Anthroposophie und Sektenbegriff)

Die anthroposophischen Geisterbeschwörungen dienen nicht nur dazu, Steiners Rassenwahn als „Erkenntnis höherer Welten“ zu feiern und den Begriff des Rassismus gleichsam entrüstet zurückzuweisen, sie bilden auch das Fundament der sogenannten anthroposophischen „Praxisfelder“, der „bio-dynamischen Landwirtschaft“, der „Waldorfpädagogik“ und der vermeintlichen „Alternativmedizin“ auf „spiritueller“ statt wissenschaftlicher Grundlage. In seinen Darlegungen über „Wesen und Erscheinung der Anthroposophie“ kennzeichnet Ravagli den „anthroposophischen Forscher“ als „abendländischen Schamanen“, der ohne Drogen auskomme:

„Die von der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft praktizierten Erkenntnismethoden entwickeln an Seele und Geist des Menschen Beobachtungsorgane und Beobachtungstechniken, die eine unmittelbare Erfahrung der Wirklichkeit von Seele und Geist ermöglichen. Diese Erfahrungsform ist mit aus archaischen Traditionen bekannten Ekstasetechniken verwandt, beruht aber nicht auf einem Fremdeinfluß auf das menschliche Bewußtsein durch den Konsum bewußtseinsverändernder Substanzen (Drogen), sondern stellt eine durch rein seelische Techniken hervorgerufene, selbstinduzierte geistige Erfahrungsform dar, durch die die Seele des betreffenden Forschers zu einer Anschauung der seelischen und geistigen Dimension der Wirklichkeit gelangt, die der sinnlichen Beobachtung nicht zugänglich ist. (…) Diese Beobachtungen liegen zum Beispiel der anthroposophisch erweiterten Medizin und ihrer Heilmittellehre oder der biologisch-dynamischen Landwirtschaft und ihren Produktionsverfahren zugrunde. Im Mittelpunkt der Ausbildung des Geistesforschers stehen bestimmte Meditationstechniken, die an der menschlichen Seele Beobachtungsorgane ausbilden (Chakren), die zur Erforschung der seelisch-geistigen Wirklichkeit eingesetzt werden können.“ (Ravagli, Wesen und Erscheinung, Teil 11)

Demokratien wie die Bundesrepublik Deutschland sind für die „Geistesforscher“ eine Verfallserscheinung, wie Ravagli auch gegenüber Andreas Molau betonte. Die Deutschen hätten ihren „spirituellen Auftrag“ verraten und so den „tragischen Niedergang“ herbeigeführt. Positiv sei allenfalls zu registrieren, dass die anthroposophische Sekte weitgehend unbehelligt agieren könne:

„Nun gut, es gibt inzwischen eine Waldorfschulbewegung, eine biologisch-dynamische Landwirtschaft usw., aber das Beste, was man darüber sagen kann ist, daß die Bundesrepublik sie nicht verhindert hat, obwohl die Tendenzen dazu nicht übersehbar sind.“ (Schreiben von Ravagli an Molau, 30.07.2006)

Schuld an der bundesrepublikanischen wie globalen Misere ist aus anthroposophischer Sicht das verhängnisvolle Wirken des „Ahrimans“, des bösesten aller Geister aus Rudolf Steiners „Geistiger Welt“, einem Satansbraten, dessen seelenlos rationale Intelligenz, sich der Wissenschaft bedient, um der Menschheit den Weg der anthroposophischen Erleuchtung zu verbauen. Die „materialistisch-positivistischen“ Büttel dieses finsteren Patrons, die seriösen Wissenschaftler, vermehren stetig das seelische Elend der Menschheit. (ebd., Teil 5) und verschließen sich gegenüber dem „spirituellen“ Heilsweg.

„Die materialistische Ausrichtung der abendländischen Zivilisation führt zu einer Fixierung des Bewußtseins auf das Leben zwischen Geburt und Tod. Durch die Versteifung auf ein materialistisch-positivistisches Verständnis der wissenschaftlichen Erfahrung wird alles von der wissenschaftlichen Diskussion ausgeschlossen, was sich nicht den die Wirklichkeit verengenden Forschungsmethoden unterwerfen will. (ebd., Teil 1)

Diese teuflische Irreführung der gesamten Menschheit bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Weltkriege, Völkermorde, Naturkatastrophen, Attentate und Amokläufe, alle Übel der Vergangenheit und Gegenwart sind der menschlichen Uneinsichtigkeit in die von dem „Menschheitsführer“ Rudolf Steiner offenbarten Hintergründe „geistiger Realitäten“ geschuldet. Ravagli spricht es offen aus:

„Die Attentäter des 11. September waren keine blindwütigen Affekttäter, der Amokläufer von Winnenden auch nicht, ebensowenig der Inzesttäter von Amstetten, der seine Tochter 24 Jahre lang im Keller gefangenhielt, und sie mehrere tausend Mal vergewaltigte. All diese Täter waren von einer kalten, seelenlosen Intelligenz besessen, die ihnen ihre Taten als rational, als logisch, als natürlich und gerechtfertigt erscheinen ließ. So auch der »Amokläufer« von Winnenden. Diese kalte, seelenlose, empathiefreie Intelligenz ist die Macht des Bösen, mit der wir es in unserer Epoche zu tun haben. Nennen wir sie beim Namen: sie ist satanisch.“ (Ravagli: Winneden und das Böse)

Im Kampf gegen die satanische Macht des Bösen ist jedes Mittel recht und billig und kein Opfer zu groß.

8 Comments

  1. Wer ist denn der verantwortlich versteckte Georg? Die wahrhaftige anthroposophische Individualität voller Konsequenz und spritziger Intelligenz?

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  2. @ Frank

    Jeder ist für das, was er veröffentlicht verantwortlich. Und wer versteckt sich denn hinter der Anonymität ?

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  3. Michael Mentzel, einer der engsten Mitstreiter Lorenzo Ravaglis, schreibt in seinen „Themen der Zeit“:

    „Gleichwohl ist es sicher für viele Menschen nicht leicht, die Spreu vom Weizen zu trennen, wenn sie in Kommentaren und Blogbeiträgen mit Schlagworten und Halbwahrheiten konfrontiert werden. Vielleicht ist es deshalb gut, dass Ravagli, der auch in der anthroposophischen Blogszene nicht ganz unumstritten ist, einmal eindeutig Position bezieht und seine Auffassung von der Welt im Allgemeinen und von der Anthroposophie im Besonderen in diesem Interview einmal darlegt. Dass er dies nicht in Form einer wütenden Replik auf die ekelhaften Anwürfe eines anonymen Hetzblogs tut, sollte man ihm, so meine ich, hoch anrechnen.“

    http://www.themen-der-zeit.de/content/Ravagli_kommentar.966.0.html

    D.h., Mentzel rechnet es seinem Freund hoch an, nicht auf konkrete Tatsachen und Argumente zu reagieren, sondern weiter zu machen wie bisher, mit „Sprachkunst“.

    Respekt Herr Ravagli!

    Mentzel bezieht sich damit auf ein „Interview“, das Lorenzo Ravagli als Betreiber des „Anthroblogs“ gestern mit sich selber führte. In seinem Selbstgespräch backt der „Anthroprosator“ ganz ungewohnt kleine Brötchen, möchte einfach nur mal sagen, dass er ein ganz und gar integerer Mensch ist, ein dufter Typ sozusagen. Und Demokrat ist er natürlich auch.

    http://www.anthroposophy.com/anthroblog/2009/05/lorenzo-ravagli-im-gesprach.html

    Das muss jetzt nur noch geglaubt werden und dann spielt die Realität keine Rolle mehr. Nur, wer ist so einfältig, außer jenen, die schon seit langem durch nichts mehr in ihrem „ganzheitlichen Glauben“ an den Hellseher und seine Apostel zu erschüttern sind?

    J.G.

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  4. @ Jürgen Bartels

    Ist es Dummheit oder Unverschämtheit von Jürgen Bartels, dass er nicht versteht, dass dieser Artikel eine Übernahme der „Nachrichten aus der Welt der Anthroposophie“ ist?

    Aber halt – wir erinnern uns: Jürgen Bartels ist hier bestens bekannt:

    Jürgen Bartels ist Besitzer der „Gruitener Buchhandlung“ in der er rassistische Bücher von Rudolf Steiner verkauft. Und auch so etwas von Steiner noch grossartig findet:

    “Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.” Rudolf Steiner

    vergleiche die Kommentare von Bartels zu:

    „Die Welt der Anthroposophie – sektiererisch, fundamentalistisch“

    https://brightsblog.wordpress.com/2008/12/09/die-welt-der-anthroposophie-sektiererisch-fundamentalistisch/

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  5. Ist es Dummheit oder Unverschämtheit von nickpol,
    dass er so viel verlogenen Unsinn schreibt?

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