Der US-Taxfree-Status von Scientology


Wer Scientology negativ kommentiert, wird häufig von ihnen angegriffen. Das ist kein Grund, es nicht zu tun. Diese bekanntermaßen antihumanistische, raffgierige Sekten-Organisation verdient Kritik. In letzter Zeit ist diese „Church“ durch spektakuläre Austritte und Dokumentationen von Ex-Führungsleuten ein wenig geschwächt. In der Huffington Post hat der Autor Steven Hassan kürzlich ein lesenswertes Plädoyer veröffentlicht. Er fordert, die Steuerbefreiung in den USA wegen Kirchen-Status endlich zurückzunehmen.

Steven Hassan (Foto: HuffPost)
Steven Hassan (Foto: HuffPost)

Steven Hassan

Author, Releasing the Bonds: Empowering People to Think for Themselves

Posted: April 28, 2010 04:18 PM

It’s Time to End the Church of Scientology’s Tax-Exempt Status

Mehr als 25 Jahre lang verweigerte die US-Steuerbehörde IRS der Church of Scientology den Steuerbefreiungs-Status. Das fußte auf der amtlichen Beurteilung aus dem Jahr 1967, dass Scientology faktisch ein Kommerz-Unternehmen sei, das zum Nutzen des Gründers L. Ron Hubbard aufgezogen worden war.

Sieben Jahr nach Hubbards Ableben vollzog die IRS 1993 eine verwirrende und hoch verdächtige Kehrtwendung. Man setzte die Steuernachzahlung auf 12,5 Mill. Dollar fest und verlieh ihnen den Titel einer steuerbefreiten „Religion“. Sowohl das Wall Street Journal als auch die New York Times veröffentlichten mehrere Hintergrund-Berichte über die Geheimtreffen, die zu diesem Übereinkommen führten sowie Einzelheiten über die Nötigungen seitens Scientology gegenüber den IRS Beamten.

Hubbard ist über ein Viertel Jahrhundert tot, aber die fragwürdigen Praktiken, immense Gebühren aus ihren Mitgliedern zu pressen, die erforderlichen „informierten Einwilligungen“ als Lippenbekenntnisse zu erbringen, Drohungen und unfaire Arbeitsbedingungen dauern auch unter dem gegenwärtigen Scientology Chef David Miscavige fort.

Und natürlich gibt es weiterhin ihre Namensliste von Promi-Botschaftern — Tom Cruise, John Travolta, Kirstie Alley und weitere — die als Aushängeschilder für Scientology werben.

Alle  Wohltätigkeitsorganisationen werden regelmäßig einer staatlichen IRS-Überprüfung unterzogen, pb sie ihren Steuerbefreiungsstatus weiterhin behalten dürfen. Sowohl das IRS als auch das US Department of Justice haben mehr als hinreichend Gründe, die vorliegenden Missbräuche der Organisation festzustellen. Die auftauchenden Berichte über Gewalt, Misshandlung und Zwang in Scientology Einrichtungen sollten ausreichen, die Aufmerksamkeit von Generalstaatsanwalt Eric Holder zu erregen.

In der Öffentlichkeit gibt es diese Aufmerksamkeit. In einer aktuellen CNN-Sendung haben die früheren hochrangigen Scientologen Marty Rathbun und Amy Scobee detailliert beschrieben, wie Miscavige Schläge und andere Gewaltmaßnahmen einsetzte, um Untergebene einzuschüchtern. In ihren jüngst erschienen Memoiren, My Billion Year Contract, schildert Nancy Many wie sie nahezu psychotisch wurde während ihrer 27 Jahre als hochrangige Scientologin.

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10 Comments

  1. Okay, das ist schon ein griffiges Argument. – Allerdings ging meine Argumentation ja dahin, dass ich – und viele Autoren mit mir – gut begründet genau bestreiten, dass Scientology ernsthaft als Religion anzusehen ist. Wo kämen wir hin, wenn wir die Selbstdarstellung von Gruppen immer so kritiklos „schlucken“ würden? Das ist doch völlig unüblich, außer bei kitzligen Themen wie Religion und Kirchen offenbar. Sonderbehandlung! Unfair! Humbug! Finger in die Wunde!

    Es ist Humbug! Willkommen in der wunderbaren Welt der Religionen.
    Was Scientology angeht, gefallen mir die Geschichten, dass
    sie aus einer Kneipenwette zwischen Hubbard und Isaac Asimov
    gegründet wurde. Hubbard wettete, dass er es schaffe, eine
    Religion zu gründen. (in anderen Versionen machte er die
    Wette mit Heinlein, Gene Roddenberry oder Ray Bradbury)
    Wer war wohl der Wettpartner von Jesus C. aus N.?

    Selbstverständlich haben wir auch Hassprediger in Deutschland. Gerhard Löwenthal („ZDF-Magazin“) war so einer ebenso wie Karl-Eduard von Schnitzler (DDR „Schwarzer Kanal“), na gut, man nannte sie „Kalte Krieger“.

    Die musste ich erstmal guhgeln… 😎 Ich dachte auch eher an
    Medien-Persönlichkeiten und da haben wir – glaube ich – nichts
    vergleichbares. Zum Glück.

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  2. Und über die Ami-Hassprediger Glen Beck, Russ Limbaugh und Co müssen wir wohl tatsächlich mal mehr Aufklärendes bringen. Am besten eine ganze Serie, auch zu ihren europäischen Pendants (oder gibt es die nicht?).

    Wir haben nur Peter Hahne, oder? Würde gerne was über die
    europäischen Pendants lesen – so es sie überhautp gibt?!

    Zu Glenn Becks neuer Metamorphose, Gottes Stimme zu sein
    gab es im letzten Colbert Report was lustiges zu:
    http://www.colbertnation.com/the-colbert-report-videos/309295/may-13-2010/glenn-to-the-mountaintop

    auch sehenswert:
    http://www.colbertnation.com/the-colbert-report-videos/252013/october-08-2009/bend-it-like-beck

    Obama wird es sich politisch kaum noch leisten können, gegen
    irgendwelche Religionen vorzugehen. Tatsächlich haben sie letztens
    groß angekündigt, den „National Day of Prayer“ zu ehren, nachdem
    eine Richterin ihn als verfassungswidrig erklärte:
    http://www.cbsnews.com/8301-503544_162-20002706-503544.html

    Die Health-Care-Debatte hatte ihm schon den Ruf eingebracht,
    ein Sozialist zu sein, ein Vorgehen gegen Religionen würde diesen
    Stimmen ja Recht geben, sie (noch) lauter werden lassen. In einem
    Land, in dem „Sozialist“ zum Schimpfwort verkam, würde ihn das
    mit Sicherheit die zweite Amtszeit kosten.

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    1. @Michael
      Danke für die prima Links!

      würde ihn das mit Sicherheit die zweite Amtszeit kosten

      Okay, das ist schon ein griffiges Argument. – Allerdings ging meine Argumentation ja dahin, dass ich – und viele Autoren mit mir – gut begründet genau bestreiten, dass Scientology ernsthaft als Religion anzusehen ist. Wo kämen wir hin, wenn wir die Selbstdarstellung von Gruppen immer so kritiklos „schlucken“ würden? Das ist doch völlig unüblich, außer bei kitzligen Themen wie Religion und Kirchen offenbar. Sonderbehandlung! Unfair! Humbug! Finger in die Wunde!

      Selbstverständlich haben wir auch Hassprediger in Deutschland. Gerhard Löwenthal („ZDF-Magazin“) war so einer ebenso wie Karl-Eduard von Schnitzler (DDR „Schwarzer Kanal“), na gut, man nannte sie „Kalte Krieger“. Mixa war so jemand, der Hasstiraden von der Kanzel herunter schleuderte, zB seine Osterpredigt. Nu ist der die Kanzel los.

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  3. Versuchen wir das mal wirtschaftlich zu sehen:

    Der Religionsmarkt wird in Dtschld. seit Jahrhunderten von zwei defacto Monopolisten beherrscht, die mit dem Staat eine eben solange Symbiose eingegangen sind. Nun taucht eine neue Konkurenz von Uebersee auf: Sehr viel agressiver und sehr viel brutaler in seiner Politik.

    Die beiden alten Monopolisten haben keine Schwierigkeiten den Bundesbruder Staat zu aktivieren, um so gegen die Konkurenz vorzugehen, zumal diese auch jede Menge Gruende dazu liefert; wer nicht so etabliert ist, muss halt mit anderen Bandagen kaempfen.

    In den USA, wo dieser Irrationalitaetsmarkt sehr freier und fliessender ist, man solche Konkurenzkaempfe eher gewohnt, wird dies dann mit etwas Verwunderung aufgenommen.

    Das im Prinzip die Kath. Kirche genauso zentral gefuehrt wird wie Scientology und die Geschichte von der Jungfrauengeburt die gleiche Glaubwuerdigkeit hat wie die Geschichte von Xenu sollte uns dabei nicht weiter stoeren.

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    1. Dass im Prinzip die Kath. Kirche genauso zentral gefuehrt wird wie Scientology

      Hmmmh, „im Prinzip“. Also ich erkenne da schon gewisse Unterschiede. Zum Bleistift ist der Vatikan (wie früher mal der Kreml) eine Gerontokratie, Scientology ist da eher wie ein sportlich junger Mafia-Clan mit geringfügig vornehmeren Mitteln. Und der Pontifex von Rom hat zwar auch etliche „Dämonenaustreiber“, aber – soweit mir bekannt – wurde in der Gegenwart von denen noch kein Folter-Straflager und Erwachsenenverprügeln praktiziert (immer nur Heimkinder, siehe Mixa).

      Ach, und drücke dich bitte nicht drumrum, auch noch die Sache mit dem Weichspül-Sprech („gute Beziehungen“, s.u.) aufzuklären. Den von dir im Übrigen genannten Fakten stimme ich ohne Weiteres zu.

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  4. Scientology wird wohl so schnell der Status einer Religionsgemeinschaft in den USA nicht abgesprochen. Die Scientology hat offensichtlich gute Beziehungen in die Politk, sonst waere nicht zu erklaeren,warum z.B. Deutschland im „2009 Report on International Religious Freedom“ des US-State Departments fuer seine Behandlung der Scientology Church massiv kritisiert wird. Zum Nachlesen:

    Engl. Orginal: http://www.state.gov/g/drl/rls/irf/2009/127312.htm

    Dt. Uebersetzung: http://www.state.gov/documents/organization/134436.pdf

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    1. @Rheinlaender
      Danke für die Verlinkung der Quell-Dokumente! Also auch du bist ein beinharter Pessimist ? 😉 und realpolitischer Zyniker ? 😉

      Aber bitte sage mal, warum du so blümerant und verniedlichend von den „guten Beziehungen“ der Scientologen in die US-Regierung sprichst? Warum scheust du dich, es als das auszusprechen, was ernsthafte Leute darin sehen: ein Indiz für Verkommenheit und KORRUPTION.

      Ist es denn etwa „sachlich“ zu nennen, wenn man diplomatisch schöngefärbte Sprache einsetzt? (Über die Sache selbst, also diese Connections, gibt es ja meinerseits keinen Dissens, wohl aber über die eigene Haltung dazu.)

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  5. @Michael
    Auaah, bist du aber kohlpechrabenschwarz finster und pessimistisch, was auch nur die bloße Möglichkeit einer kleinen Veränderung zum Besseren in Amiland angeht.

    Gewiss, gewiss, wahrscheinlich ist da nichts dergleichen. Obwohl es mir schwerfällt anzunehmen, dass diese zahlenmäßig kleine Sekten-Organisation derart viele Unterstützer mobilisieren könnte, eine entschlossene Aktion der Obama-Administration, den Kirchen-Status zu kassieren, effektiv zu verhindern.

    Meinst du nicht auch, dass z.B. diese seltsame Hutaree-Michigan-Miliz zwar Symptom mentaler Wirrnis in den USA ist aber keineswegs eine echte Bedrohung? Wissen wir zu wenig davon?

    Und über die Ami-Hassprediger Glen Beck, Russ Limbaugh und Co müssen wir wohl tatsächlich mal mehr Aufklärendes bringen. Am besten eine ganze Serie, auch zu ihren europäischen Pendants (oder gibt es die nicht?).

    Wer wirklich gute Darstellungen und aufschlussreiche Interviews dieser Biedermann-Brandstifter weiß, sollte die vielleicht mal in diesen Thread posten. (Ich werde gelegentlich mehr daraus machen.)

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  6. Er fordert, die Steuerbefreiung in den USA wegen Kirchen-Status endlich zurückzunehmen.

    Als ob das passieren würde. Zuvor würde FOX News
    Selbstmordattentäter aussenden und Glenn Beck den
    Kopf von Obama auf einem Silbertablett fordern.

    Trotzdem viel Erfolg.

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  7. Nur weil jemand etwas behauptet, muss es noch lange nicht wahr sein. Man sollte doch annehmen, das in 25 Jahren alles geprüft wurde, was zu prüfen ist. Die vielen, verlogenen Schlagzeilen werden nichts an der Wahrheit ändern können. Wovor haben die Medien speziell in Deutschland Angst, dass sie immer wieder zu so massiv solche Lügen in der Presse kommt? Wer hat hier denn das große Druckmittel in der Hand, um mit solcher vehements Lügen zu verbreiten? Wer profitiert davon? Wer will nicht, das die Wahrheits ans Licht kommt? Diese Frage sollte mal lieber der Öffentlichkeit gestellt werden.

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