Abendland: Dämmerung eines Kampfbegriffs


Bild: pegida/FB, Screenshot:BB
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Alle reden gerade wieder vom Abendland. Aber wissen seine Verteidiger überhaupt, was das ist? Eine Aufklärung.


Von Dirk Schümer|DIE WELT

Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes – verdammt viel Semantik für eine junge politische Bewegung. Immerhin hemmt der komplizierte Name nicht den Zulauf zum Appell der Pegida, der am kommenden Montag in Dresden – wie auch in anderen Städten – erneut Tausende Bürger auf die Straße bringen wird. Was unter Islamisierung zu verstehen ist, wirkt zumindest auf den ersten Blick einigermaßen klar: keine Muezzine, keine Scharia, keine Burkapflicht. Würde all das imminent drohen, wer marschierte da nicht gerne in der ersten Reihe mit? Auch europäischer Patriotismus klingt nach einer guten Idee. Aber Abendland? Warum musste dieser Kampfbegriff eines sakral überhöhten Westens partout jetzt aus der politischen Mottenkiste gezerrt werden?

Fragte man die Teilnehmer dieser gewendeten Montagsdemos, was sie denn unter Abendland verstehen – die Antworten wären gemischt. Außer einer diffusen Abneigung gegen Muslime kann Abendland mühelos ebenso stehen für staatlichen Religionsunterricht wie konsequenten Laizismus, Ablehnung von Homosexualität wie Toleranz für jede Lebensform, für Zuwanderungsstopp wie Willkommenskultur für Bedrängte. Abendland ist ein so großer Sack, dass nicht nur der vorgeblich rassistische Nikolaus samt unterjochtem Knecht Ruprecht hereinpassen, sondern auch noch Plato und Paulus, Karl der Große und Luther, Beatles und Beethoven, Michelangelo und Tintin.

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2 Comments

  1. Bevor „Eine Legende der Christlich-abendländische Kultur“ jetzt auch noch politische Urständ feiert, wäre es hilfreich den „Staub“ der Geschichte vom finsteren Christlichen Abendland zu kehren; bevor man auf die Strasse geht:

    „Die sogenannten Europäischen Werte seien eher auf den arabisch-islamischen als den christlichen Kulturkreis zurückzuführen sind. Denn während im christlichen Europa die Abneigung gegen das „Heidentum“ so stark ausgeprägt war, dass nahezu alle Errungenschaften der griechisch-römischen Zivilisation verlorengingen, wurde das antike Erbe in muslimischen Gebieten (zumindest zeitweilig) fortgeführt.“

    Des Historiker’s Bergmeier’s Analyse belegt, dass Mittelalter war über Jahrhunderte hinweg nur nördlich der Pyrenäen, im Einflussbereich der christlichen Kirche „finster“, während im Osmanischen Reich Wissenschaft, Kultur und Handel blühten. Selten zuvor wurde die Rede vom „christlichen Abendland“ mit solch klaren Argumenten ad absurdum geführt. 😉 😉

    http://www.giordano-bruno-stiftung.de/meldung/legende-christlichen-abendland

    Statt zu demonstrieren wären die harten Bänke frühmittelalterlicher Geschichte an Universitäten eher geeignet, einen weiteren politischen ‚thumben“ Mythos zu entlaven. 😉 😉

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    1. Ich glaube die Sache war einfacher

      Das römische Erziehungs- und Bildungssystem beseitigt die Christen Religion mitsamt den Bauten. Das 3-teilige Schulsystem mit Fachschulen für Medizin, Recht und Philosophie löst die RKK ab 400 n.C. auf, 28 Bibliotheken und viele Theater und Thermen werden zerstört. Anlagen für fließende Brunnen üblich in großen Bauten und Wasserleitungen verfallen, denn Gott allein sorgt für Wasser. Nach den Schriften des Architekten Marcus Vitruvius Pollio wird an Roms Schulen Jura (Altgriechisch), Schriftkunde, Zeichnen, Geometrie, Arithmetik, Philosophie, Geschichte, Musik, Medizin, Astronomie unterrichtet. Die RKK verbietet nach Augustinus von Hippo diese Art von Wissen als nutzlos eitel. Die Alexandria Bibliothek wird 48 v.C. und dann 389 n.C. von Christen angezündet, wie die Bücherverbrennung in der 95,2% christlichen NAZI Diktatur.

      Der Analphabetismus der Gesellschaft wird für 1.200 Jahre zur 100% Normalität. Der ewig wahre RKK Glaube wird mit Heiliger Inquisition, gerechten Kriegen, Scheiterhaufen, Folterung und Zensur gültig bis 1965 durchgesetzt. Die Klöster und Bischofspaläste sind voll mit schriftlichem ewig wahrem Gotteshumbug, kritisches Denken wird Blasphemie schwer bestraft, der Papst legt dogmatisch alles auf ewig fest.

      Viele der damals vernichteten Originale überlebten in fernen Klöstern und Kirchen den RKK „Büchersturm“ Die Araber eroberten ab 711 n.C. Spanien, indem sie etwa 25 km nördlich von Tarifa in einer alten römischen „Fischfabrik“ aus halben Weg nach Barbate landen. Dort stehen noch heute Bauwerkreste. Das arabische Heer war eine Söldnertruppe aus Räubern und Eroberern, die machten sich den vergessenen Wissenschatz zu Nutze. In Granada als Sitz der arabischen Regierung wurden viele der Texte übersetzt

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