Die neue religiöse Intoleranz


Die Gesellschaften des Westens sind im Zuge der Ereignisse vom 11. September 2001 intoleranter geworden, insbesondere gegenüber dem Islam. Diese Intoleranz zeige sich unter anderem darin, dass Frankreich und Belgien ein Burka-Verbot, das die Totalverschleierung von muslimischen Frauen in der Öffentlichkeit gesetzlich verbietet, erlassen haben, und die Schweiz ein Referendum über ein Verbot von Minaretten abgehalten hat, obwohl es nur vier landesweit gibt.


Von Ludwig Watzal|BETWEEN THE LINES

Für Martha Nussbaum, Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago, beruhe diese Haltung auf Angst. Sie sei eine „verdunkelnde Voreingenommenheit“, die den Fokus auf die eigene Person lege und „die anderen Menschen in die Dunkelheit verbannt“. Die Angst verenge die Sicht auf die Welt und die Mitmenschen. Für die Autorin stelle die Burka keine Bedrohung für die Umwelt dar, da sie weder die öffentliche Sicherheit bedrohe noch eine Degradierung der Frau symbolisiere.

Letzterem Argument wird aber heftigste von zahlreichen weiblichen muslimischen Intellektuellen widersprochen, weil die Burka nichts mit dem Islam zu tun habe, das heißt, sie ist nicht im Koran erwähnt, sondern sei ein überkommenes kulturelles Herrschafts- und Unterdrückungsinstrument einer patriarchalisch-dominierten Männerwelt. Nussbaums Argument, dass das Tragen der Burka ein Ausdruck von Religionsfreiheit sei, ist zurückzuweisen, da über sie und selbst über das bloße Kopftuch nichts im Koran steht. Im 4. Kapitel führt sie einige wenig überzeugende Argument an, warum das Burka-Verbot unbegründet ist.

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