
Antwerpen hat viele verschiedene Gesichter: Die einen schätzen die kulturelle Vielfalt der belgischen Metropole, für die anderen ist sie eine Hochburg der Rechtsextremisten. Jetzt spricht der Bürgermeister von einer „verkehrten Sorte von Zuwanderern“ und heizt damit die Ausländerdebatte an.
Von Michael Stabenow|Frankfurter Allgemeine
Direkt neben der „Eisenbahnkathedrale“, wie die Antwerpener den Hauptbahnhof mit der über 60 Meter hohen Kuppel und den Jugendstilelementen nennen, liegt das Diamantenviertel. Dass sich in der Hoveniersstraat hinter nüchternen Fassaden der größte Handelsplatz für Edelsteine verbirgt, ist nicht zu erkennen. In der kurzen Gasse sind schwarzgekleidete orthodoxe Juden zu sehen, die neben zahlreichen Indern die meisten Händler stellen. Vor einer Synagoge stehen schwerbewaffnete Soldaten.
Rund 20.000 der 510.000 Einwohner Antwerpens sind jüdischen Glaubens, es sind überwiegend orthodoxe Chassiden. Seit den Anschlägen auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und auf einen jüdischen Supermarkt in Paris halten Fallschirmjäger vor Synagogen und jüdischen Schulen in Antwerpen Wache.