
Bayerns Ex-Ministerpräsident kämpfte einst für ein schärferes Asylrecht. Heute warnt Edmund Stoiber: Bei aller Hilfsbegeisterung soll man nicht die Menschen vergessen, denen Flüchtlinge Angst machen.
Von Thomas Sebastian Vitzthum|DIE WELT
Die Welt: Herr Stoiber, gibt es in Ihrer Familie ein Flüchtlingsschicksal?
Edmund Stoiber: Ja, meine Frau. Sie wurde 1943 in Karlsbad im Sudetenland geboren. 1946 ist sie mit ihrer Familie brutal vertrieben worden. Als dreijähriges Kind hat sie damals ein schweres Trauma erlitten. Die Erlebnisse, wie ihr ein tschechischer Polizist ihre Puppe geraubt, auf sie gespuckt hat, wie sie von ihrer Mutter getrennt, allein in einen Waggon geschoben wurde, verfolgen sie bis heute.
Das Familiengespräch durchzogen Erinnerungen an die Flucht und an die Zeit davor. Als wir jung waren, kam ich auf die Idee, im Wolfratshausener Stadtteil Nantwein eine Wohnung zu mieten. Da sagte meine Frau: „Du wirst mich da nie hinbekommen. Da haben die Baracken für uns Flüchtlinge gestanden.“ Aus war’s. Ende der Diskussion.