
Obwohl Europa um 1500 noch Entwicklungsland war, eroberte es die Welt. Der Grund dafür war seine „Schießpulvertechnologie“, sagt der Ökonom Philip Hoffman und legt eine verblüffende Gleichung vor.
Von Berthold Seewald | DIE WELT
Antworten auf die Frage, warum ausgerechnet die überschaubare, zerklüftete Halbinsel am westlichen Rand Eurasiens mit Namen Europa um 1900 herum gut vier Fünftel der Erde beherrschte, füllen ganze Bibliotheken. Skrupellosigkeit, Aggressivität, Entdeckermut, Sendungsbewusstsein, Gier, Technologie, irgendeine Form von Überlegenheit oder einfach Zufälle wurden ins Feld geführt. Mithilfe einer einfachen Formel legt der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Philip T. Hoffman in seinem neuen Buch „Wie Europa die Welt eroberte“ eine neue Lösung vor: Europa war militärisch einfach allen anderen Mächten überlegen.
Der Professor für Business Economics and History am California Institute of Technology hat dafür ein sogenanntes Turniermodell entwickelt. Das soll erklären, warum im Europa der Frühen Neuzeit, also ab etwa dem 15. Jahrhundert, im Grunde ein permanenter Kriegszustand herrschte. Historiker sprechen mittlerweile von einer Epoche der „Staatsgründungskriege“, dessen größter der Dreißigjährige Krieg war. Darin entstanden die Strukturen, die den modernen Staat formten.