Beim Treffen mit den EU-Spitzen hat Erdogan bekommen, was er wollte: Schöne Bilder fürs heimische Publikum. Und noch mehr. Seine Grenzöffnung hat Bewegung in die Beziehungen gebracht. Eine Äußerung Merkels war aus Sicht des türkischen Präsidenten entscheidend.
Christoph B. Schiltz | WELT

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Das Dinner dauerte nur zwei Stunden. Gegen 18.00 war der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erschienen, um 20.15 verließ er den Tisch schon wieder. Seine Gastgeber, EU-Ratspräsident Charles Michel und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, blieben allein zurück. Gegen 20.30 traten beide noch kurz vor die Presse.
Das EU-Türkei-Abkommen vom März 2016 bleibe gültig, sagte von der Leyen mit fester Stimme. Meinungsverschiedenheiten bei der Umsetzung des Abkommens sollten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu in den nächsten Tagen gemeinsam mit einem Team von Fachleuten klären, ergänzte Ratschef Michel. Beide Gastgeber lobten, dass das Gespräch mit Erdogan stattgefunden habe. Von der Leyen nannte es „konstruktiv“. Das war’s.
Es bleibt offen an diesem regnerischen Brüsseler Abend, ob die Kommissionschefin wirklich glücklich war über den Überraschungsbesuch aus Ankara. Aber aus Sicht des Belgiers Michel, der seit Tagen intensiv an diesem Besuch gearbeitet hatte, könnte es ein Neustart sein in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Land an Bosporus. Und Erdogan?