In seinem Blog schrieb Raif Badawi über Themen, die in Europa zum politischen Einmaleins gehören. In Saudi-Arabien bekam er dafür lange Haft und Stockschläge. Fünf Jahre nach dem letztinstanzlichen Urteil ist es ruhig geworden um Badawi – aber seine Frau kämpft weiter.
Johannes Schmitt-Tegge | Qantara.de

Das Amateurvideo ist kaum eine halbe Minute lang. Aber es gibt seltenen Einblick in den Strafvollzug im extrem konservativen Saudi-Arabien, den Menschenrechtler als «archaisch» beschreiben und der für westliche Beobachter mittelalterlich anmuten kann: Ein Offizier verpasst dem Blogger Raif Badawi öffentlich vor einer Moschee in der Stadt Dschidda zahlreiche Hiebe. Immer wieder saust der Schlagstock auf seinen Rücken und seine Beine herab. „Gott ist groß“, sagen die Schaulustigen, als die Prügelstrafe vollzogen ist.
Fünf Jahre ist es her, dass ein Gericht das Urteil für den saudischen Wirtschaftswissenschaftler Badawi in letzter Instanz bestätigte. Mit der Entscheidung vom 7. Juni 2015 schwand weitere Hoffnung für Badawis Angehörige, den Fall irgendwie noch zu drehen. Die saudische Justiz hatte Badawi zu zehn Jahren Haft, einem Reiseverbot samt Geldstrafe von umgerechnet etwa 238 000 Euro und insgesamt 1000 Stockschlägen verurteilt. Der Vorwurf: Mit seinen Blogeinträgen soll er den Islam beleidigt haben, indem er die Trennung von Staat und Religion vorschlug. Er hatte sich auch für die Gleichbehandlung aller Menschen unabhängig von Religion und Weltanschauung eingesetzt.
Inzwischen ist es ruhig geworden um Badawi – obwohl er zu einem der prominentesten politischen Häftlinge in Saudi-Arabien zählt. Nach einem Hungerstreik im vergangenen September, mit dem er gegen seine schlechte Behandlung protestieren wollte, befindet er sich inzwischen wieder in seiner Zelle im Briman-Gefängnis nahe Dschidda. „Ich träume von dem Tag, an dem er endlich freigelassen wird“, schrieb seine Frau Ensaf Haidar Mitte Mai bei Twitter.