Rabenvögel können es bezüglich Intelligenz locker mit Menschenaffen aufnehmen. Nun haben Forscher bei Krähen eine neuronale Signatur für eine bewusste visuelle Wahrnehmung gemessen.
Lena Stallmach | Neue Zürcher Zeitung

Der Graupapagei Alex war ein wahres Kommunikationsgenie. Er beantwortete Fragen über seine eigenen Vorlieben oder über die Beschaffenheit von Objekten und schien richtiggehend zu begreifen, was er sagte. Laut seiner Trainerin, der Biologin Irene Pepperberg, besass er kognitive Fähigkeiten, die in manchen Bereichen einem vierjährigen Kind entsprachen. Auch andere Papageienarten und Rabenvögel, zu denen die Krähen und die Elstern gehören, erstaunen mit ihren kognitiven Fähigkeiten.
Der Biologe Onur Güntürkün von der Ruhr-Universität Bochum erklärt, dass Raben und Papageien es in neun kognitiven Bereichen mit Menschenaffen aufnehmen könnten. So haben diese Vögel zum Beispiel die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, sie zeigen grosse Selbstkontrolle angesichts leckerer Versuchungen und erkennen die Kausalität hinter Ereignissen. Selbst Tauben schneiden in Tests zum Kurzzeitgedächtnis, zum Zahlenverständnis oder zur Rechtschreibung ähnlich gut ab wie Affen. Tatsächlich können Paviane und Tauben Rechtschreibregeln für kurze Wörter lernen und sie auf neue Wörter anwenden: Sie erkennen, wenn die gelernten Regeln in einem noch unbekannten Wort gebrochen werden. Ausserdem sind einige Rabenvogelarten ebenso wie einige Menschenaffen in der Lage, sich selbst im Spiegel zu erkennen, was als Hinweis für ein Ich-Bewusstsein gedeutet wird.