Egal welches Thema, eines haben viele Kritiker gemeinsam: Alle schreiben zunehmend gleich. Das ist ganz fürchterlich. Die Kolumne.
Michael Herl | Frankfurter Rundschau

Eigentlich kann ich mich ja recht verständlich ausdrücken, zumindest schriftlich. Mündlich natürlich auch, obwohl gelegentlich behauptet wird, ich würde nuscheln. Ich nuschele natürlich nicht, genauso wenig wie ich schnarche. Beides verweise ich ins Reich der Fabel.
Was hingegen meine Fähigkeit zum schriftlichen Ausdruck angeht, dürfte es keine zwei Meinungen geben. Wie auch, schließlich verdiene ich seit vier Jahrzehnten mein Geld damit, und von einer Unterernährung bin ich weit entfernt – was nicht für immerwährende Ebbe in meinem Portemonnaie spricht.
Ich kann also schreiben. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Menschen etwas anderes lesen als das, was ich formulierte. Diese Art der Missverständnisse scheint mir sogar in Mode zu kommen. Habe also ich das Schreiben verlernt oder andere das Verstehen?
Nehmen wir nur mal das Beispiel Religionen. Seit Ewigkeiten tue ich unmissverständlich kund, dass ich jegliche Glaubensgemeinschaften für Hokuspokus halte. Sie sind alle in Habgier begründet, die Folgen sind bekannt: Kriege, Vertreibung, Folter und Unterdrückung.