Polen: Mehr Klerus wagen


Traditionen und Wertvorstellungen der Katholischen Kirche gelten zunehmend als Norm für das Leben der polnischen Staatsbürger. Mit Konsequenzen für diejenigen, die nicht ins Bild passen

Jens Mattern | TELEPOLIS

Plakat zu den Protesten gegen das Abtreibungsgesetz vom Oktober 2020. Bild: Silar/CC BY-SA 4.0

In der schlesischen Kleinstadt Pszczyna wurden am vergangenen Freitag zwei Ärzte durch das städtische Krankenhaus zwangsbeurlaubt. Ein Geschehen, das Schlagzeilen macht.

Denn nach Meinung der Vereinigung „Streik der Frauen“ ist eine Polin namens Izabela erstes Todesopfer des neuen Abtreibungsverbotes geworden.

Die Betroffene wurde mit der Komplikation einer Fehlbildung ins Krankenhaus der schlesischen Stadt Przszyna eingeliefert, dabei sollen ihr die Ärzte die Abtreibung verweigert haben; der Fötus verstarb kurz nach der Geburt, die 30-Jährige einen Tag später an Blutvergiftung. Bekannt wurde der Todesfall, der sich bereits am 22. September ereignete, durch die Veröffentlichung der Hinterbliebenen Ende Oktober. Die an Blutvergiftung Verstorbene hinterlässt einen Ehemann und eine Tochter.

Nach ihrem Statement, das am Sonntag veröffentlicht wurde, hätten „die Ärzte eine abwartende Haltung eingenommen, um nicht gegen die geltenden Abtreibungsbestimmungen zu verstoßen“.

Die Vorsicht der Ärzte ist begründet. Sie können von katholischen Organisationen angegriffen werden, selbst wenn die Abtreibung nach den gesetzlichen Vorgaben laufen sollen.

Am Samstagabend demonstrierten in Polens Städten zehntausende gegen das Gesetz unter dem Motto „Keine einzige weitere mehr“ und hielten Fotos der Frau in Schwarzweiß vor sich und ließen einen Wutschrei von sich.

Das Abtreibungsgesetz

Ende Januar erklärte das Verfassungsgericht in Warschau eine Klausel in dem bisherigen Abtreibungsgesetz für einen Verstoß gegen die Verfassung: In polnischen Krankenhäusern darf darum kein Abort vorgenommen werden, wenn eine Fehlbildung vorliegt, wie etwa das Down Syndrom oder schwerere Erscheinungen. Allein nach einer Vergewaltigung oder bei Lebensgefahr für die Schwangere bleibt ein offizieller Abort noch in Polen möglich. Die sind jedoch nur noch drei Prozent der offiziellen Fälle.

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