Wo verteidigt Deutschland seine Freiheit?


Sie wollen sich nicht den Hals umdrehen lassen: In Schwedt/Oder befindet sich die Stadtbevölkerung im Widerstand gegen die Sanktionspolitik aus Berlin. Die Bürgermeisterin befürchtet dramatische Entwicklungen.

Simon Strauss | Frankfurter Allgemeine Zeitung

Ausgepfiffen: Robert Habeck im Mai in Schwedt Bild: Reuters

Eine Stadt wartet auf ihren Schicksalsschlag. Schwedt liegt ganz im Osten Deutschlands an der polnischen Grenze. Die Geschicke der Stadt sind eng verbunden mit der dort ansässigen Öl-Raffinerie, die schon seit Jahrzehnten durch eine Pipeline mit dem vielversprechenden Namen „Freundschaft“ aus Russland mit Öl versorgt wird. Zum Jahres­ende, so hat es die Bundesregierung beschlossen, will Deutschland kein Öl mehr von Putin beziehen. Die Entscheidung trifft Schwedt wie keine andere Stadt des Landes: Zwölf Millionen Tonnen russischen Rohöls werden jährlich im Schwedter PCK-Werk verarbeitet. 1200 Mitarbeiter hängen direkt an Putins Tropf, Tausende weitere sind als Zulieferer mit der Raffinerie verbunden. Rechnet man Familienmitglieder hinzu, dann geht es nach Einschätzung der Stadt um die Existenzen von bis zu 10.000 Menschen.

Die Landespolitik weist die Verantwortung von sich. Verschuldet habe das die Bundesregierung, also müsse sie auch dafür geradestehen. Im Wirtschaftsministerium ist eine Taskforce eingerichtet, aber Vielversprechendes hört man von ihr nicht. Als Minister Habeck bei einer Protestveranstaltung Ende Juni in Schwedt sprach, wurde er ausgepfiffen. Am lautesten brüllten die Bürger, als er voraussagte, dass Putin sich bald „von dem Geld, das wir ihm geben, immer weniger kaufen kann“. Solche halbstarken Sätze wollte man in Schwedt nicht glauben oder nicht hören.

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