Deutschlands größte Kulturinstitution sollte erneuert werden. Stattdessen wird über den Namen gestritten. Interne Dokumente zeigen nun, heimlich wird umgebaut.
Bernd Müller | TELEPOLIS

Ist „Preußen“ noch zeitgemäß? Darf ein Zimmer im Außenamt noch nach Otto von Bismarck benannt sein? Vor allem die Grünen haben in den vergangenen Monaten eine kulturpolitische Debatte angestoßen, von der auch die größte Kulturinstitution Deutschlands und der Welt betroffen ist: die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), unter deren Dach zahlreiche Museen und Kultureinrichtungen gebündelt sind.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hatte im Dezember gefordert, den Namen Preußens aus der Bezeichnung der Stiftung zu streichen. Der Vorstoß traf bei Stiftungspräsident Hermann Parzinger auf offene Ohren. Der Archäologe leitet die Stiftung Preußischer Kulturbesitz seit 2008 und stand zuletzt unter großem Druck.
Denn nach dem Willen des Stiftungsrates, dem Roth vorsteht, soll die gesamte Struktur des Kulturkolosses umgebaut werden. Als „dysfunktional“ und „überfordert“ wurde sie in der Vergangenheit bezeichnet. Daher solle den einzelnen Einrichtungen mehr Autonomie und Eigenverantwortung gewährt werden, damit sie ihre Potenziale besser ausschöpfen können. So hat es der Stiftungsrat im Dezember beschlossen.
Schon diese Entscheidung des Gremiums steht allerdings im Widerspruch zu den Strukturempfehlungen des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2020. Und das sorgt innerhalb der Einrichtungen der Stiftung für Unmut, wie aus internen Schreiben hervorgeht. Das betrifft etwa den Verbund der Staatlichen Museen Berlin (SMB), dessen zentrale Strukturen aufgelöst werden sollen. Die Namensdebatte, so munkelt man intern, sei eine Nebelkerze, um von nachhaltigen Strukturreformen abzulenken, die der bisherigen Führung gefährlich werden könnte.
Ignorierte Empfehlungen des Wissenschaftsrates
Der Berliner Zeitung und dem Online-Magazin Telepolis liegt ein Schreiben des Arbeitskreises Sammlungsverwaltung der SMB (AK-SV) vom 21. Februar 2023 an den Präsidenten der Stiftung, Hermann Parzinger, vor. Darin heißt es, man könne „weder im Beschluss des Stiftungsrates vom 5.12.2022 noch im Schreiben an die Direktionen der SMB vom 15.2.2023 erkennen, dass dies die geeigneten Grundlagen sind, um die Stiftung wirklich zu reformieren“.
Den Hintergrund des aktuellen Streits bilden die Empfehlungen, die der Wissenschaftsrat seinerzeit skizzierte. Das Gremium hatte sich dafür ausgesprochen, die Stiftung als Dachorganisation mit seiner Hauptverwaltung kurzerhand aufzulösen. Der SMB, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv und das Ibero-Amerikanische Institut sollten stattdessen organisatorisch selbständig werden und als bundeseigene Einrichtungen weitergeführt werden.
„Unter inhaltlichen wie funktionalen Perspektiven besteht keine Notwendigkeit für den strukturellen Zusammenhalt der bisher fünf Einrichtungen“, hieß es im Bericht des Wissenschaftsrates. Die bisherige Struktur habe auch vor allem der „historisch bedingten Logik der Vermögensverwaltung des ‚preußischen Kulturbesitzes‘“ gedient. Eine künftige Struktur solle sich dagegen an den musealen, bibliothekarischen und archivarischen Funktionen orientieren.
Und obwohl man den fünf Einrichtungen das Potenzial für eine Zusammenarbeit bescheinigte, musste man feststellen, dass sich in der Praxis die inhaltliche Zusammenarbeit in engen Grenzen halte. Die Strukturen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wirkten sich darauf eher hinderlich aus.