Politikwissenschaftler fordert Debatte über deutsche Atombombe


Harald Neuber | TELEPOLIS

Grafik: TP

Der emeritierte Politikwissenschaftler Christian Hacke, zuletzt Lehrstuhlinhaber an der Universität Bonn und davor an der Universität der Bundeswehr, hat sich für eine Debatte über die nukleare Bewaffnung Deutschlands ausgesprochen.

Im Interview mit der Berliner Zeitung bezeichnete er die Idee einer gesamteuropäischen Nuklearstreitmacht als illusorisch; auch das Streben nach einer atomwaffenfreien Welt sei unrealistisch.

Politische Klasse wirkt realitätsfremd

Zugleich kritisierte Hacke die politische Klasse Deutschlands, die seiner Meinung nach realitätsfremde Maximalforderungen stellt. Er bezieht sich dabei auf die Ukraine-Krise und die Haltung gegenüber Donald Trump. Er bemängelt, dass die derzeitigen politischen Eliten naiv seien, insbesondere in Bezug auf den Ukrainekrieg. Hacke dazu:

Die alten politischen Eliten bis zur Ära Kohl wussten zumeist aus eigener Kriegserfahrung um die Fragilität und vor allem um die Grenzen militärischer Macht. Für sie waren Maß und Mitte entscheidend. Pragmatismus und Vorsicht waren für ihr Handeln charakteristisch. Heute dagegen scheinen die demokratischen Eliten naiv-draufgängerisch, ja geradezu moralisch entfesselt, wenn sie mit Blick auf den Ukraine-Krieg Allmachtsfantasien entwickeln.

Als könnten wir unsere Werte und unsere Ordnungsvorstellungen sogar militärisch gegenüber einer Atommacht durchsetzen. Dieser brutale Diktator (Anm. d. Red.: Wladimir Putin) führt den Krieg rücksichtslos und unter Einsatz aller Mittel. Wir sind realitätsblind, wenn wir glauben, dass dieser Krieg gewonnen werden kann.

Zweifel an der Zuverlässigkeit der US-Nukleargarantie

Hacke äußert Zweifel an der Zuverlässigkeit der amerikanischen Nukleargarantie, vornehmlich unter der Führung von Donald Trump. Er sieht Trump als Vertreter eines isolationistischen und protektionistischen Amerikas, das in erster Linie nationale Machtpolitik betreibt.

Hacke befürchtet, dass Trump die USA in eine populistische Demokratie oder eine „Demokratur“ verwandeln könnte.

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