Terre des Femmes (TdF) begrüßt es, dass im Ausland geschlossene Kinderehen auch in Zukunft nichtig sein sollen, und die Folgen der Unwirksamkeit besser geregelt werden, etwa was Unterhaltszahlungen betrifft. Die Organisation fordert allerdings weitere Änderungen und hat dazu eine Stellungnahme an das Bundesjustizministerium geschickt.
„Ehen, die in Deutschland nichtig sind, müssen bundeseinheitlich registriert werden, weiterhin muss in jedem Fall das Jugendamt eingeschaltet werden, um eine Kindeswohlgefährdung auszuschließen“, sagt Myria Böhmecke, Referatsleiterin „Gewalt im Namen der Ehre“ bei Terre des Femmes.
Eine Neuerung im Referentenentwurf, die Terre des Femmes für sehr problematisch hält, ist die so genannte „Heilungsmöglichkeit“ von Ehen, die unter 16 Jahren im Ausland geschlossen wurden: Diese sollen mit Erreichen der Volljährigkeit in Deutschland vor einem Standesamt bestätigt und fortgeführt werden können. Dieser Termin soll gemeinsam und ohne vorherige Einzelberatung stattfinden – dabei wäre dies für Frauen in Zwangssituationen eine Chance, mehr über ihre Rechte zu erfahren und sich Hilfe zu holen. Ohne ein vorheriges Einzelgespräch mit einer qualifizierten Beratung besteht ein hohes Risiko, dass die minderjährig Verheirateten unter Druck gesetzt werden, die Ehe weiterzuleben. Viele Frauen befürchten zudem, ohne den „Ehemann“ ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren, obwohl das nicht der Fall ist.
Myria Böhmecke dazu: „Es ist widersprüchlich: Ehen mit unter 16-Jährigen werden – zu Recht – für nichtig erklärt, da hier grundsätzlich von einer Zwangsehe ausgegangen wird. Dennoch geht der Referentenentwurf des Justizministeriums nun davon aus, dass diese nichtige Ehe mit Erreichen der Volljährigkeit eine ‚Heilung‘ erfahren hat und die potentielle Bedrohungslage auf einmal nicht mehr existiert. Dies geht an der Realität vorbei und verhindert Hilfe für Frauen, die oft schon seit Jahren unter einer erzwungenen Ehe leiden.“