AfD-Revolte für Maximilian Krah: TikTok-Armee gegen Parteivorstand


Claudia Wangerin | TELEPOLIS

Selten lagen von AfD-Mitgliedern verbreitete „Wahrheiten“ so weit auseinander wie im Fall Maximilian Krah. Archivbild: PantheraLeo1359531

Die Freude der AfD über den Rechtsruck bei der Europawahl verhindert nicht etwa innerparteiliche Schlammschlachten. Im Gegenteil: Seit dem Ausschluss von Maximilian Krah aus der AfD-Delegation im neuen EU-Parlament rebelliert seine Anhängerschaft offen gegen den neuen Delegationsleiter René Aust und den Parteivorstand.

Maximilian Krah: Schandfleck und TikTok-Star

Teile der AfD und ihres Umfelds feiern Krah wie einen Popstar und schreiben ihm und seinen TikTok-Videos einen Großteil des Erfolgs bei jungen Wählern zu – nachdem der Parteivorstand ihn im Wahlkampf zuletzt regelrecht versteckt hatte. Die AfD konnte am Sonntag bei unter 25-Jährigen ihr Wahlergebnis von 2019 mehr als verdreifachen.

Krahs früherer Social-Media-Berater Erik Ahrens spricht auf der Plattform X von „Verrätern“, rechtfertigt persönliche Angriffe und listet „psychologische Schwachstellen“ des neuen Delegationsleiters auf: Aust sei „in sein Schönling-Image verliebt und leicht beeinflussbar“, während Ko-Parteichefin Alice Weidel in ihrer Position „aktuell recht gefestigt“ sei.

AfD-Delegationsleiter unter Druck: René Aust

Deshalb hält es Ahrens gerade für falsch, Aust zu schonen, „weil er nur eine Marionette von Weidel wäre“. Gerade weil er schwach sei, werde ihm „der öffentliche Druck besonders wehtun“, schrieb Ahrens am Dienstagabend. Sein Schlusssatz: „Feuer frei, wir lassen den Verrat an Krah und der ganzen Bewegung nicht unbeantwortet!“

Ganz so angriffslustig äußern sich AfD-Mandatsträger zwar zumindest nicht unter ihren Klarnamen. Einige brechen aber eine Lanze für Krah und teilen die Einschätzung, dass viele Stimmen nicht trotz, sondern wegen des Spitzenkandidaten Krah an ihre Partei gegangen sind.

Seinen Ausschluss aus der Delegation lehnen Parteifreunde wie der Bayerische Landtagsabgeordnete Jörg Baumann als Anbiederung an vermeintlich gemäßigte Rechtsparteien in Frankreich und Italien ab.

Krah und die Waffen-SS

Hintergrund ist, dass Krahs verharmlosende Äußerung über die Waffen-SS gegenüber einer italienischen Zeitung in Ländern, die im Zweiten Weltkrieg unter dem deutschen Besatzungsterror gelitten hatten, nicht gut ankommen konnte.

Auch explizit rechte Parteien wie der Rassemblement National und die Fratelli d’Italia werben schließlich um Stimmen aus einem breiten rechtskonservativen Spektrum – denn mit dem relativ kleinen Kreis von Faschisten, die im Zweiten Weltkrieg auch mit den Nazis kollaboriert hätten, wäre in diesen Ländern kein Staat zu machen.

Seit dem Ausscheiden der letzten Altnazis aus der aktiven Politik in bürgerlichen Parteien der Bundesrepublik Deutschland in den 1980er- und 1990er-Jahren fällt hier die entschiedene Distanzierung von der Vergangenheit leichter und ist auf dem diplomatischen Parkett selbstverständlicher geworden.

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