Israelische Politikerin zu Hamas: „Wir fühlen uns verraten“


Erica Zingher | taz

Proteste von Angehörigen für die Freilassung der Hamas-Geiseln in Tel Aviv am 21. Februar Foto: Oded Balilty/ap

taz: Frau Meron, am vergangenen Wochenende haben Familien der noch verbliebenen israelischen Geiseln in Tel Aviv ihre Verzweiflung zum Ausdruck gebracht. In bewegenden Reden zeigten sie ihre Frustration mit der Regierung. Haben Sie noch Vertrauen in diese?

Shelly Tal Meron: 134 Menschen befinden sich noch immer unter schrecklichen Bedingungen in Gaza. Ihnen läuft die Zeit davon. Das Hauptziel des Staates Israel sollte also darin bestehen, die Geiseln zurückzubringen. Ich bin Teil der Opposition, natürlich übe ich Kritik an der Regierung. Wir haben dem Premierminister Benjamin Netanjahu schon vor Wochen ein Sicherheitsnetz für ein Abkommen zur Geiselbefreiung versprochen.

Das bedeutet?

Wir verstehen, dass der Premierminister unter großem Druck steht. Es ist nicht leicht, mit einer Terrororganisation wie der Hamas zu verhandeln. Deshalb haben wir angeboten, die Regierung vorerst zu unterstützen, damit die Geiseln nach Hause gebracht werden können.

Teile der israelischen Gesellschaft wollen Neuwahlen. Unterstützen Sie diese Forderung?

Nach dem, was am 7. Oktober passiert ist, hat das Volk unseres demokratischen Landes das Recht zu entscheiden, wer das Land in Zukunft führen soll. Ich persönlich ziehe einen Regierungswechsel ohne Wahlen vor. Das heißt, eine breite Regierung mit Parteien, die jetzt nicht in der Regierung sind. Und einen neuen Premierminister. Wenn das nicht möglich ist, dann sollte es Wahlen geben – aber erst nach Kriegsende. Ich glaube, dass wir mit einer besseren Regierung beginnen können, das israelische Volk zu heilen.

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