David Hume über Religion: Nichts als Krankheitsfantasien?


Gerhard Streminger | hpd.de

David Hume (1766) Porträt von Allan Ramsay (Ausschnitt)

In der Epoche der Aufklärung wurden die traditionellen Werte, Konventionen und Institutionen hinsichtlich ihrer Legitimation radikal infrage gestellt und – als Alternative zu Unbegründetem – die meisten Fundamente der Moderne gelegt. Vor allem Humes Kritik an religiösen Dogmen machte ihn schon zu Lebzeiten bekannt und berüchtigt; und auch heute noch ist seine Religionskritik für viele Bekräftigung oder Herausforderung.

Hume wurde im Mai des Jahres 1711 in Edinburgh geboren und als Kind gewissenhaft in den Lehren des Calvinismus, jener extremen Form des Protestantismus, unterrichtet. Mit etwa achtzehn Jahren befreite er sich von der geistlichen Umklammerung und wandte sich dem philosophischen Stoizismus zu. Nach den vergeblichen Versuchen, ein Leben in Einklang mit den Maximen des Calvinismus zu führen, wollte sich Hume gegen die Schattenseiten des Lebens mit dem stoischen Ideal der Unerschütterlichkeit wappnen.

Aber beide Versuche, sich an Denkgebäude zu klammern, die im Grunde lebensfeindlich waren, erwiesen sich als katastrophal. Denn fast ein halbes Jahrzehnt litt Hume unter schweren psychosomatischen Störungen. Aber als Dreiundzwanzigjähriger löste er sich endgültig von diesen Fesseln dank der Erkenntnis, dass die Probleme gar nicht bei ihm lagen. Vielmehr seien die calvinistische Doktrin von der völligen Verderbtheit der Menschennatur sowie die stoische Forderung nach ständiger Beherrschung der Affekte nichts als Lehren, die der menschlichen Natur Gewalt antun.

In dem 1742 veröffentlichten Essay „Der Epikureer“, der deutlich autobiographisch gefärbt ist, macht sich der antike Philosoph lustig über die Versuche gestrenger Denker, „ein künstliches Glück“ schaffen und Menschen durch strikte Regeln in einen Zustand des Wohlbefindens versetzen zu wollen.

Gegen diese Lehren verteidigt sich der Epikureer unter Berufung auf die „Weisheit der Natur“. Warum, so fragt er sich, „sollte ich jene Triebfedern und Grundkräfte, die die Natur mir eingepflanzt hat“, zu unterdrücken suchen? Sollte dies „der Weg zum Glück sein? Aber Glück heißt doch Behaglichkeit, Zufriedenheit, Ruhe und Lust – und nicht ängstliche Achtsamkeit, Besorgnis und Strapaze.“

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