Im Sommer 2022 vergiftete die Goldalge mehr als die Hälfte aller Fische in der Oder. Nun treiben wieder vereinzelt tote Tiere im Wasser. Laut dem Fischbiologen Jörn Geßner droht eine neue Katastrophe.
Kim Maurus | Frankfurter Allgemeine Zeitung
Herr Geßner, Sie und Ihre Kollegen vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei untersuchen die Goldalge, die für das massive Fischsterben 2022 in der Oder verantwortlich war. Derzeit gilt im Fluss die höchste Gefährdungsstufe 3. Was bedeutet das?
Die Gefährdungsstufen orientieren sich am Gehalt der Prymnesium parvum, also der Goldalge. Sie speisen sich aus der Erfahrung von 2022. In bestimmten Bereichen in der Oder ist die Konzentration der Goldalge im Wasser deutlich angestiegen, auf mehr als 80.000 Zellen pro Milliliter. Zum Vergleich: Im Winter waren es nur 100 Zellen pro Milliliter, während der Oderkatastrophe 2022 mehr als 100.000 Zellen pro Milliliter.
Also droht ein neues Fischsterben?
Die Voraussetzungen dafür sind leider gegeben. Solange sich nicht etwas Grundlegendes ändert, kann uns das immer wieder passieren. Wir hatten dieses Jahr schon Glück, die Wassermengen haben die Algenkonzentration immer wieder verdünnt. Die Alge gedeiht im Wasser besonders gut, wenn der Salzgehalt hoch ist, Niedrigwasser herrscht und es heiß ist. Das, was uns gerade rettet, sind die niedrigen Temperaturen. Dadurch ist mehr Sauerstoff im Wasser gelöst, das hilft den Fischen. Zudem ist deren Sauerstoffbedarf bei niedrigeren Temperaturen grundsätzlich geringer, was den Stress zusätzlich minimiert.