Galavit—Geschäft mit der Hoffnung


Daniel von Wachter und Alexander Kissler
Galavit, Quelle: Wikipedia

Verteidigung will weitere Zeugen im Prozess um Krebswundermittel

KASSEL (dpa). Im Mammutverfahren um das „Krebswundermittel“ Galavit droht eine neue Verzögerung. Unmittelbar vor den Schlussplädoyers beantragte die Verteidigung am Montag vor dem Kasseler Landgericht die Ladung von mehr als 2000 Zeugen.

Bislang wurden bereits gut 160 Zeugen und Dutzende Sachverständige gehört. Sollte dem Antrag, über den noch am Montag entschieden werden sollte, stattgegeben werden, würde sich der Prozess um Monate, vermutlich sogar Jahre verlängern.

Den fünf Angeklagten wird Betrug und Wucher vorgeworfen. Sie sollen russische Aufbaupräparat Galavit vom Sommer 2000 an in einer Klinik in Nordhessen überteuert und wirkungslos todkranken Krebspatienten verabreicht haben. Die Angeklagten sollen den Kranken 16 800 Mark (etwa 8500 Euro) berechnet haben – das 26-fache des eigentlichen Preises. Fast alle der mehr als 150 behandelten Patienten sind gestorben. Die Staatsanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche siebeneinhalb Jahre Haft für den mutmaßlichen Kopf der Gruppe und sechs Jahre für den beteiligten Arzt gefordert.

Wikipedia:

Galavit ist der Handelsname eines umstrittenen Arzneimittels der russischen Herstellerfirma Medicor gegen Krebs und dessen Wirkstoff ein Derivat des Phthalazins (Amino-Tetrahydrophthalazin-Natriumsalz) ist. Es ist offenbar chemisch eng mit Luminol verwandt.

Aufgrund eines unterstellten stimulierenden Effekts auf das Immunsystem soll es gegen Krebszellen wirksam sein. Ein unabhängiger Wirksamkeitsnachweis bei Krebs fehlt, das gleiche gilt für die pharmakologischen Eigenschaften, insbesondere die Unbedenklichkeit, über die wenig bekannt ist. Dennoch wird es gelegentlich als Wundermittel für Schwersterkrankte ins Gespräch gebracht und angeboten. Es soll in Russland angeblich Kosmonauten zu therapeutischen Zwecken verabreicht worden sein. Der russische Raumfahrtmediziner Igor Gontscharov (Leiter der medizinischen Betreuung der Kosmonauten in Baikonur) schloss jedoch die Verwendung in der Vergangenheit und Gegenwart am Boden oder in der Raumfahrt aus.

Galavit hat in Deutschland keine Zulassung als Arzneimittel, wird daher gelegentlich von interessierten Verbrauchern aus dem Ausland (Russland oder der Schweiz) importiert. Ärzte, die in Deutschland gewerbsmäßig oder regelmäßig Galavit zur Therapie anbieten, müssen mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Galavit soll in Russland lediglich eine Zulassung als entzündungshemmendes Mittel haben und ist dort für etwa 10 Euro erhältlich.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte äußerte sich ablehnend zu Galavit.

1 Comments

  1. Mittlerweile hat das Gericht entschieden und ist in der Nähe der Anträge der Staatsanwaltschaft geblieben. Scheint mir ein angemessenes Urteil zu sein – und hoffentlich auch eine Warnung für die, die mit Pseudomedizin, Pillchen auf die Zunge, Nadeln und dubiosen Tinkturen die Leute betrügen.

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