Dummes Zeug über Darwin


©Oliver Schopf(mfG) derStandard.at
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Prof. Axel Meyer, Ph.,D., Evolutionsbiologe Universität Konstanz

Was ist Evolution? Die unterschiedliche Reproduktion von Genen. Das ist nicht nur die Lehrbuchdefinition, die unsere Studenten in der Evolutionsklausur als richtige Antwort herunterbeten, sondern auch das in Tausenden von Studien belegte beste Modell des evolutionären Prozesses.

Einige Individuen haben mehr Nachkommen als andere, deshalb tauchen ihre Gene in der nächsten Generation öfter auf. Gene sollten also versuchen, den Organismus so zu gestalten, dass er sich möglichst erfolgreich fortpflanzen kann. Dabei arbeiten sie manchmal zusammen mit anderen Genen, manchmal aber auch nicht. So weit, so klar, oder?

Scheinbar nicht, denn nun erschien das Buch eines Freiburger Mediziners, Joachim Bauer, in dem er unbescheiden den „Abschied vom Darwinismus“ fordert. Der Titel des Buchs lautet „Das kooperative Gen“ und lehnt sich damit an den Klassiker von Richard Dawkins an, „Das egoistische Gen“.

Bauer, um es gleich vorwegzunehmen, hat keine Ahnung von Evolutionsbiologie. Er postuliert wirres Zeug über Umweltkatastrophen, die den kooperativen Umbau des Genoms zur Folge hätten, was dann den Arten helfe, sich anzupassen, oder neue Arten entstehen lasse. Dieses Gerede ist bar jeglicher wissenschaftlicher Evidenz. Was nicht verwundert, denn Bauer ist bisher eher durch populärwissenschaftliche, psychosomatisch angehauchte Bücher aufgefallen.

Charles Darwin lag bekanntlich mit dem von ihm favorisierten Mechanismus der Weitergabe von Merkmalen daneben. Es scheint
mir aber unfair, auf den Fehlern eines 150 Jahre alten Buches herumzureiten, das in so vieler Hinsicht so wichtig war und richtig lag.

Bauers Thesen von Kooperativität, Kommunikation und Kreativität werden wissenschaftlich nicht erklärt und zeigen tiefstes Unverständnis und oberflächlich angelesenes Halbwissen. Um seine Gegner zu diskreditieren, scheut er sich auch nicht, aus dem Kontext gerissene Sätze zu zitieren. Dies alles ist dumm genug, um es geflissentlich zu ignorieren.

Aber dieser Nonsens – mittlerweile ein Bestseller – wird in den Feuilletons der überregionalen Zeitungen auch noch wohlwollend besprochen! Die Ressortleiter schicken für solche Jobs wohl gerne die jungen Praktikanten vor, denen es vielleicht an wissenschaftlicher Bildung oder Zivilcourage mangelt.
Herr Bauer würde in meiner Klausur in Evolutionsbiologie jedenfalls sicherlich durchfallen, denn mit Wissenschaft hat das alles
herzlich wenig zu tun.

19 Comments

  1. Prof. Axel Meyer: „Was ist Evolution? Die unterschiedliche Reproduktion von Genen.“

    Das ist eine sehr einseitige, und m. E. veraltete Auffassung von Evolution, die dem Thema nicht gerecht wird. Genauso macht es keinen Sinn, die Evolution im Computerbereich auf die Hardware zu beschränken. Die Evolution hat mit den Genen begonnen, ist dann aber immer „lamarckistischer“ geworden, weil es einfach ein evolutionärer Vorteil ist, erworbene Kompetenzen zu bewahren und weiterzugeben (zu „vererben“). Dies ist einer der Gründe, warum sich Gehirne durchsetzten, warum wir unsere Kinder in die Schule schicken, etc.

    Richard Dawkins erklärt die „kulturelle“ Evolution der Melodien der neuseeländischen Lappenstare in „Das egoistische Gen“ mit seiner Memetik. Mit der Darwinschen Evolutionstheorie ist die Evolution des Melodienpools nicht erklärbar. Dennoch sind die Melodien entscheidend für den Fortpflanzungserfolg. Der unterschiedliche Fortpflanzungserfolg speist sich also nicht nur aus den Genen, sondern aus kulturell vermittelten Merkmalen.

    In menschlichen Gesellschaften ist dies noch gravierender. Ein Zwillingspaar könnte bei der Geburt getrennt worden sein, ein Kind wächst bei den Indianern auf, eins bei den Weißen. Später treffen beide in einer kriegerischen Auseinandersetzung aufeinander. Der Indianer hat Pfeil und Bogen, der Weiße ein Gewehr, weswegen er sich durchsetzt.

    Evolution auf die Gene reduzieren zu wollen ist eine sehr enge Sicht.

    Ich konnte mit Bauers Buch auch nicht so fürchterlich viel anfangen. Manches fand ich hochinteressant. Sehr viel stärker hat mich aber die ständige Polemik gestört. Auch widerlegt er ja keineswegs Darwin. Der Darwinismus ist mit seinem Buch nicht am Ende – wie er behauptet -, denn ihm geht es vor allem um die Frage, wie neue Variation entsteht. Das ist eine komplexe Fragestellung, welche möglicherweise nie ganz beantwortet werden kann. Möglicherweise wird man immer wieder neue Mechanismen entdecken. Sie ist aber für den Darwinismus nicht die alles entscheidende Frage.

    Wirklich störend empfinde ich, wie die Debatte insgesamt geführt wird, und zwar auf beiden Seiten. Die Evolutionsbiologie scheint aufgrund der ständigen Auseinandersetzung mit dem Kreationismus und dem ID unter einem erheblichen Rechtfertigungsdruck zu stehen. Wenn man sich von diesen Disziplinen absetzen möchte, dann sollte man das vor allem durch Wissenschaftlichkeit tun. Zur Wissenschaftlichkeit gehört, dass man Kritik am eigenen Standpunkt und an scheinbar allgemein akzeptierten „Dogmen“ zulässt, sofern sie wissenschaftlich vorgebracht wird.

    Ansonsten wird m. E. leider in der ganzen Diskussion eine stille Revolution übersehen, die längst woanders stattfindet. Mersch hat in „Evolution, Zivilisation und Verschwendung“ eine Systemische Evolutionstheorie vorgestellt, mit der er m. E. alle eigendynamischen Evolutionen (Biologie, Technik, Wissenschaften, …) aus den gleichen Prinzipien heraus erklären kann. Selbst die Evolution des Melodiepools der Lappenstare lässt sich mit diesen Prinzipien beschreiben, und ohne dass man dafür so etwas wie Meme benötigt. Die Erklärung der Evolution der Technik ist extrem plausibel und verblüffend.

    Demgegenüber ist die hier geführte Diskussion vergleichsweise unwesentlich.

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  2. Ich fürchte, dass Bauer die Sache falsch angefasst hat. Trotzdem bleibt Kooperation ein faszinierendes Thema – auch evolutionsbiologisch betrachtet. Ich gehe davon aus, dass das Konzept des Genegoismus gültig ist. Allein die logische Stringenz der Idee ist überzeugend. Atemberaubend aber, welche Wege dieser Egoismus einschlagen kann. Er führt eben nicht nur dazu, dass Alpha-Männchen komplette Würfe ihrer Vorgänger ausrotten, um Platz für den eigenen Nachwuchs zu schaffen. Auch Kooperation kann aus genegoistischer Perspektive sehr nützlich sein. Was dazu führt, dass sich Makromoleküle – DNA – zu Chromosomen zusammenschließen. Bakterien zu eukaryontischen Zellen (Endosymbiontentheorie), Zellen zu hochkomplexen Organismen. Organismen zu eusozialen Tierstaaten.
    Auch beim Menschen, der als Säugetier ja auf eine Geschichte eher individualistischer, konkurrenzbetonter Verhaltensmuster zurückblickt, finden sich viele Hinweise auf eine Evolution in Richtung Kooperation. Zum Beispiel, wie Bauer durchaus richtig bemerkt, das Ausmaß unserer Empathie, der Fähigkeit zum Mitgefühl. Andere Forscher gegen mittlerweile von einem angeborenen Gerechtigkeits¬gefühl aus, das sogar nah verwandten Spezies abgeht. Mein persönliches Paradebeispiel stellt aber die Sprache dar, mit der unsere Kommunikationsmöglichkeiten quasi unbegrenzt geworden sind. Dass mit solcher Forschung lediglich dem Neoliberalismus ideologische Schützenhilfe geliefert werde, ist Blödsinn, der einen unnötig scharfen Ton in die Debatte bringt.

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  3. Als ich diese Rezension vor einiger Zeit andernorts las, fragte ich mich: „Wie kann ein Mensch so viel über ein Buch schreiben, ohne etwas über das Buch zu sagen“? Warum geht Meyer nicht auf die Inhalte ein, warum präsentiert er keinerlei Argumente?

    Bauers Schlagwörter („Abschied von Darwinismus“ u. a.) sind sicher völlig daneben; Jörres hatte das auf der HP der Evolutionsbiologen ausführlich begründet. Aber das, was Meyer präsentiert, ist keine Begründung. Warum dem Menschen vorhalten, er habe keine Ahnung von Evolution, und er verträte einen „Lamarckismus“? (Glücklicherweise ist diese Passage hier entfernt worden.) Das erinnert mich an Ernst Mayr, der selbiges vor etlichen Jahrzehnten mal Rupert Riedl vorhielt, ohne wirklich verstanden zu haben, was dieser genau vertrat. Wie mir scheint, wiederholt sich hier die Geschichte.

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  4. Das ist sicher eine gute Idee. Die Rezension der AG Evolutionsbiologie liest sich etwas sperrig und ist für Nicht-Biologen wahrscheinlich zu schwierig.

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  5. Wie ich von Prof. Meyer erfahren habe, plant er eine ausführlichere Rezension zum Buch des Herrn Bauer, also, ich bin gespannt.

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  6. Ok, Cheetah,
    mit der Frage nach dem Wahrheitsgehalt der beiden Bücher hat ein menschlich-kreatives „Betriebssystem“, das uns auf hervorbringende Weise im Sinn der Genesis handeln, in Gemeinschaften kooperieren und Zukunft gestalten lässt, statt im puren Selbstzweck Selbstvernichtung zu betreiben, direkt nichts zu tun.

    Wohl aber mit dem Thema, um das es hier im Grunde geht, wegen dem letztlich auch die beiden Bücher geschrieben wurden.

    Es geht mir um ein Programm, das bereits die griechische Naturphilosophie, später z.B. in Stoa suchte und das dann in eine Glaubensreform einfloss, die wir christliche Zeitenwende nennen. Ein Wandel vom Mythos zum Logos: Naturprinzipien, kreativ vernünftige Fluss allen Lebens. Eine Wende, hinter die wir m.E. längst wieder zurückgefallen sind. Selbst wenn sich der Papst bereits zu einer kreativen=schöpferischen Vernunft als historisch-biblisches bekennt, sie Maß menschlich-subjektiver Vernunft nennt, so ist er weit davon entfernt, diese in der evolutionsbiologischen Weltbeschreibung zu suchen.

    Doch wie sollen wir den kreativen Kosmos wieder als bestimmend, kreativ=schöpferisch sinngebend sehen können, wenn wir mit in menschlichen Gemeinschaften destruktiven Begrifflichkeiten wie „Egoismus“ natürliche kreative=schöpferiche Prinzipien beschreiben. Prinzipien, die eigennützig sind, aber all das bewirken, was wir sind und haben?

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  7. @Gerhard: Dann habe ich sie missverstanden.

    Womöglich ist es die Übersetzung, die das „selfish“ Gene so egoistisch erscheinen lässt und nicht bloß eigennützig!?

    Aber auch das könnte man ja negativ sehen. Nur wie soll man sonst das Überleben der erfolgreichen Gene beschreiben? Wenn dann sowas passiert:

    „Andererseits wird der Genegoismus zum Vorbild einer egoistischen Verhaltensweise genommen, die dann als natürlich bezeichnet wird.“

    …dann doch nur bei Menschen die Dawkins (und meist auch die Evolution an sich) nicht richtig verstanden haben. Er macht das an mehreren Stellen klar, geht sogar im „Gotteswahn“ auf ein Beispiel ein, in dem jemand sein altes Buch falsch verstanden hat.

    „Denn die menschliche Natur[…]bedarf scheinbar auch der “Kooperation”.“

    Wie Spyder schon schrieb geht es eben auch darum, dass Kooperation und Altruismus einen Nutzen haben. Bei Dawkins, durch „egoistische“ Gene.

    „Und daher stellt sich mir die Frage, mit welchem Programm wir sie erreichen?“

    ?
    Das ist keine Frage die direkt etwas mit dem Wahrheitsgehalt von Dawkins oder Bauers Büchern zu tun hat.

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  8. Danke El Schwalmo, auch für das rekursive Lesen des Buches 🙂 , kommentieren braucht man die letzten beiden Abschnitte wahrlich nicht mehr.

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  9. Ich habe Bauers Buch immer noch nicht zu Ende gelesen, aber inzwischen sehe ich klarer (weil ich ‚hinten‘ gespickelt habe).

    Eigentlich sind das zwei Bücher. Auf der einen Seite eine ‚neue‘ Evolutionstheorie, auf der anderen eine Kritik, vor allem an Dawkins und ‚dem Darwinismus‘.

    Die ‚neue‘ Evolutionstheorie scheint mir nicht ganz neu zu sein (ich habe Ähnliches schon vor 30 Jahren gelesen, natürlich mit anderen Argumenten). Bauer versucht zu zeigen, dass Evolution nicht so funktioniert, wie seiner Meinung nach ‚der Darwinismus‘ argumentiert. Bauer bringt durchaus interessante Überlegungen vor, die modernste Erkenntnisse der Molekulargenetik einbauen. Ein wenig Lamarckismus hier, ein wenig induzierte Mutationen da, Duplikationen, Transposons, lateraler Gentransfer und so weiter. Diese Gedanken, sauber durchformuliert, wären sicher Stoff für eine Publikation in einem referierten Journal, um das Urteil der Fachwelt einzuholen. Dass diese Überlegungen mit ‚dem Darwinismus‘ nicht kompatibel sind, ist ohne Belang, denn so gut wie alle modernen Auffassungen sind das nicht.

    Seine Kritik an bestimmten Auffassungen, vor allem denen, die Dawkins vertritt, haben zwar einen wahren Kern, müssten aber viel differenzierter vorgetragen werden und besser begründet werden. Im Kontext der Vorstellung einer fachwissenschaftlichen Theorie machen sie keinen Sinn.

    Woher der Wind wehen könnte, zeigen die letzten beiden Absätze des Buchs (Fußnoten weggelassen, Hervorhebungen im Original):

    === schnipp S. 192F ===

    Aus diesem Grunde sollten wir Wissenschaftler uns nicht darwinistischer aufführen, als Darwin selbst es war, und diejenigen, die an einen Gott glauben, respektieren. Die Bewahrung einer wissenschaftlichen Position – dies enspricht der Haltung Darwins – macht es nicht zwingend notwendig, atheistisch zu sein. Umgekehrt sind atheistische Auffassungen per se kein hinreichender Nachweis für wissenschaftliche Brillanz.

    Wissenschaftliche Beweisführungen liegen ausschließlich in der Zuständigkeit der Wissenschaft selbst – insoweit haben auch Konzepte wie jenes des »Intelligent Design« innerhalb der Biologie keinen Platz. Die Zuständigkeit dafür aber, was Wissenschaft darf, wem sie zu dienen hat und zu welchen Zwecken sie eingesetzt wird, besitzen keineswegs nur Naturwissenschaftler, sondern alle Mitglieder einer Gesellschaft. Es ist das Recht und die Aufgabe aller gesellschaftlichen Gruppen, dafür zu sorgen, dass die Würde des Menschen auch im Bereich der wissenschaftlichen Forschung gewahrt bleibt und dass eine faire Teilhabe aller an den Nutzanwendungen der Wissenschaft sichergestellt wird. Eine besondere, wichtige Rolle bei der Reflexion dessen, was »Würde des Menschen« und »faire Teilhabe« ist und was dies für naturwissenschaftliches Arbeiten bedeutet, haben dabei auch verschiedene nicht naturwissenschaftliche Disziplinen, insbesondere die Philosophie und die Rechtswissenschaften.‘ Dass darwinistische Biologen neuerdings den Geisteswissenschaften allen Ernstes den Wissenschaftsstatus absprechen wollen, da sie lediglich »Verbalwissenschaften« seien, ist nicht nur bedenklich, sondern gefährlich, weil sich hier ein biologistischer Allmachtsanspruch zeigt, wie er in unserem Lande bereits zwischen 1870 und 1945 zu beobachten war. Und schließlich nochmals zur Theologie: Wenn sie sich nicht als Werkzeug der Entmündigung versteht, wenn stattdessen »Gott« eine Metapher dafür sein sollte, dass sich Menschen einem Bemühen unterwerfen, über alle Kulturen und über die endlose Reihe von Generationen hinweg Menschlichkeit zu bewahren‘, dann steht auch der „Theologie – wie der Philosophie – ein Mitspracherecht im gesellschaftlichen Diskurs über das zu, was Wissenschaftler tun.
    === schnapp ===

    Muss man so etwas noch kommentieren?

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  10. @cheetah,
    mir ging es nicht darum, den bio-logischen Prozess der Gene umzuinterpretieren oder Vergleiche mit menschlichem Verhalten anzustellen.

    Doch schon die Bezeichung „egoistisches“ Genverhalten verleitet oft zum Schluss, einen Prozess, der in der Natur zur sinnvollen Kreativität gehört, als egoistisch im menschlichen Sinne anzuschauen, gar als böse oder mörderisch abzutun.

    Andererseits wird der Genegoismus zum Vorbild einer egoistischen Verhaltensweise genommen, die dann als natürlich bezeichnet wird.

    Und das denke ich, wäre jeweils zu kurz geschlossen. Denn die menschliche Natur, geistbegabtes Nacheifern natürlicher Kreativität bedarf scheinbar auch der „Kooperation“. Und daher stellt sich mir die Frage, mit welchem Programm wir sie erreichen?

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  11. Danke Prof. Meyer, danke auch den anderen Kommentarschreibern. Ihr mailt mir aus der Seele. Ich hatte das Buch von einer Bekannten ausgeliehen und bekam nach Querlesen von Inhaltsverzeichnis und den Kapiteln über Darwin und Dawkins sofort Magenbeschwerden. Von Psychosomatik scheint Herr Bauer also was zu verstehen. Von Evolution aber hat er keine Ahnung.
    Aus dem Gedächtnis für die, die noch keinen Blick in das Buch (und es dann weg-) geworfen haben:
    – Darwin wird mit „Überleben des Stärkeren“ gleichgesetzt
    – Dawkins wird mit Egoismus gleichgesetzt
    – Anschliessend preist er die immer wieder erlebte Mitmenschlichkeit und schliesst daraus messerscharf, dass die Evolutionsbiologen falsch liegen müsssen. Simpler geht es kaum.
    – Dass Dawkins ein ganzes Kapitel dem Phänomen der Kooperation widmet („Nette Kerle kommen zuerst ans Ziel“) wird natürlich unterschlagen.
    – Wie El Schwalmo feststellt, zitiert Bauer eine Reihe seiner eigenen, alten paper aus der immunologischen Forschung, die wohl seine Fachkompetenz unterstreichen sollen. Wer je Mediziner-Doktorarbeiten betreut hat, kann sich gut vorstellen, dass man auch ohne tiefere Einsicht in biologische Mechanismen einen Titel bekommen kann.

    Dieses Buch ist unötig und schädlich, wird aber leider viel Geld in Prof. Bauers Taschen spülen, da es für viele Leute Wasser auf die Gebetsmühlen ist.

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  12. Lilith

    man muss nur genauer lesen, was auf S. 14ff über ‚Darwinismus‘ steht. Wenn man das analyisert, ist klar, dass der Mann einen Strohmann abfackelt. Seine Kritik mag ‚Darwinismus‘ oder gar ‚Ultradarwinismus‘ treffen, wie ihn Dawkins vertritt, aber moderne Evolutionsbiologie berührt das nicht. Jörres hat IMAO durchaus treffend gezeigt, wie man das, was Bauer Darwinisten vorwirft, mit Bauers Ansatz auch machen könnte, wenn man ‚politisch‘ ausschlachtet.

    Auf S. 18 lässt Bauer eine Tirade über Darwin-Anhänger ab, und auf S. 20 f stellt er kurz dar, was Lönnig seiner Meinung nach ist. Schon bis zu diesem Teil findet man Belege satt für die Weisheit: ‚Es reicht nicht, eine abweichende Meinung zu haben, um ein Galilei zu sein. Mann sollte zusätzlich mindestens Recht haben.‘

    Die spannende Frage ist dann, ob man weiterlesen möchte. Ich ringe noch mit mir.

    Mir ist auch aufgefallen, dass Bauer dem eigentlichen Literaturverzeichnis noch ein mehrseitiges hinantstellt, in dem alle eigenen Publikationen aufgelistet sind, auch wenn das Viel-Personen-Artikel über Themen, die vermutlich nichts zum Thema beitragen, sind. Jemand, der auf diese Weise seine Kompetenz nachzuweisen meint, muss ein Problem haben.

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  13. Ich hätte auch gern Beispiele für das wirre Zeug oder die aus dem Kontext gerissenen Zitate. Frei nach dem Motto: Eines ist ein Versehen, zwei sind verdächtig, drei sind Absicht 😉

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  14. @Gerhard: Auch hier setzen sie Gene mit Verhalten gleich…
    Ich zitiere nur mal Wikipedia zur eigentlichen Bedeutung des „egoistischen Gens“:

    „Besonders allele Gene stehen in direkter Konkurrenz, also solche, die an der gleichen Stelle im Genom sitzen können und die gleiche Aufgabe erfüllen, sich aber darin voneinander unterscheiden können, wie sie diese Aufgabe erfüllen. Gene müssen deshalb immer „egoistisch“ sein, d.h. in diesem Zusammenhang ihre Verbreitung auf Kosten von anderen Genen vergrößern (wobei der „Egoismus“ der Gene sich freilich nur als anschauliches Bild versteht – Gene haben weder Gefühle noch Absichten). Es lässt sich nur auf die Vergangenheit schauend erklären: ist ein Allel heute noch vorhanden, folgt daraus, dass es sich egoistisch (hier i.S.v. darwinistisch evolutionär) gegen andere durchgesetzt hat. Andere Allele, mögen sie noch so funktionell gewesen sein für ihre Träger, sind unterlegen und verschwunden – entweder auf Grund ihrer eigenen evolutionären Unterlegenheit oder jener der sie begleitenden Allele.“

    Nach Dawkins sind also alle Gene, auch die, die z.B. für Sozialverhalten verantwortlich sind, egoistisch. Mit dem Phänotyp, also der Erscheinungsform (Kapitalismus, wie sie das wohl interpretieren?) hat dieser „Egoismus“ nicht das geringste zu tun.

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  15. Prof.Axel Meyer

    Herr Bauer würde in meiner Klausur in Evolutionsbiologie jedenfalls sicherlich durchfallen, denn mit Wissenschaft hat das alles herzlich wenig zu tun.

    Das mag bei Jörres anders aussehen, Meyer bezieht sich auf sich und ich bin ihm dankbar für solch klare Worte.

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  16. Die Evolutionsbiologie ist inzwischen zu einer umfassenden Beschreibung aller Lebensprozesse geworden.

    Doch da die Lebensprozesse bei geistbegabten Aufrechtgehern anders ablaufen als bei Affen, die selbstbewussten Zweibeiner z.B. gerade dabei sind, ihre Gene in den Sand zu setzen, Zukunft u.A. ökologisch zu zerstören, statt aufgeklärt aufzubauen, selbst der Kapital-ego-ismus als Fehltritt, verantwortlich für fehlendes gegenseitiges Vertrauen (Basis funktionierender Weltwirtschaft) angeprangert wird, muss möglicherweise doch das mitbedacht werden, was als „kooperatives Gen“ gilt.

    Und da ich mich insgesamt als ganz natürliches Wesen betrachte (Soft- bis Hardware), geht diese Betrachtung -auch wenn sie alten Darwinismus übersteigt – nicht über meine Biologie hinaus.

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  17. === schnipp ===
    Um seine Gegner zu diskreditieren, scheut er sich auch nicht, aus dem Kontext gerissene Sätze zu zitieren. Dies alles ist dumm genug, um es geflissentlich zu ignorieren.
    === schnapp ===

    viel publikumswirksamer wäre es meiner Meinung nach, konkret anzugeben, was Bauer wie falsch darstellt.

    Bei der AG Evolutionsbiologie findet man eine Rezension, die das zu leisten versucht. Wenn ich den Autor (Jörres) richtig interpretiere, würde Bauer in Evolutionsbiologie nicht durchfallen, zumindest nicht, weil er keine Ahnung hat, sondern möglicherweise deswegen, weil er seinen Ansatz weit überzieht.

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