Koch geht – Hessen lacht


Koch
Roland Koch (CC-by-sa/3.0/en by Armin Kübelbeck)

KOLUMNE: Nebenbei bemerkt

von Kuro Sawai

Der angekündigte Rückzug des hessischen Landesgouverneurs Koch hat aufgeschreckt. Angeblich waren die Kanzlerin und die übrigen cdu-Häuptlinge seit Monaten vorab informiert. Das mag man kaum glauben, so wie ja „Parteifreund“ hierzulande als Steigerungsform von „Feind“ gilt.

Es ist äußerst ungewöhnlich, dass ein Berufspolitiker in Deutschland freiwillig einen einmal per Wahl eroberten, bequemen Chefsessel aufgibt, ohne dazu gezwungen zu sein. Doch was könnte Koch, der mehrfach jüdische Vermächtnislügen und andere Wortbrüche (Nachtflugverbot, Bildungsausbau) politisch überlebte, denn diesen Rücktritt von allen politischen Ämtern nahegelegt haben?

Ist es etwa die allmählich in ihm gereifte Einsicht, dass er seine Ambitionen auf die Kanzlerschaft angesichts der heftigen Abneigung großer Teile der Bevölkerung gegen ihn wohl niemals verwirklichen können werde? Erst kürzlich erregte er mit seinem Vorpreschen, bei Bildung und Kinderbetreuung kräftig zu sparen, öffentlich lautstarken Widerspruch und Häme – selbst bei seinen Parteifreunderln.

Der Wolf und das Kreidefressen

Er selber berief sich gerne auf sein angeblich christliches Menschenbild (was immer das bei ihm hieß?). Auch hoffte er auf einen Imagetransfer durch seine Freundschaft mit dem Dalai Lama, dem religiösen Gottkönig der Tibeter. Als eine Art Gottkönig hätte ein Roland Koch wohl auch ganz gerne regiert. Doch das geht so ganz ohne echtes Charisma einfach nicht. Er war indes immer eher ein Scharfmacher und Haudrauf als ein Träumer.

Gewiss war er der Wortführer der „National-Konservativen“, der „Stahlhelm-Fraktion“ in der cdu. Er galt als Leitwolf des rechten cdu-Rands. Seinen Gegnern galt er als der Abstoßenste unter den innerparteilichen Rivalen Merkels um die Kanzlerschaft.

An ihm schieden sich die Geister. Ähnlich wie Walter Mixa hatte Koch eine eingeschworene Anhängerschaft um sich versammelt. Aber weitaus größer, als es das irregulär durch eine Medienkampagne gegen die spd-Kandidatin Ypsilanti beeinflusste Landtags-Wahlergebnis 2009 auswies, war die Anzahl derer, die ihn verabscheuten oder Unbehagen gegenüber seinem Image des skrupellosen Machtpolitikers verspürten.

In meinem mittelhessischen Umfeld gibt es kaum irgend jemand, der diesen Typ menschlich sympathisch fand. Denn er wirkte zwar meistens schlau aber zugleich kalt wie ein Fisch. Selbst bekennende cdu-Anhänger zuckten oft bei Nennung dieses Namens trotzig oder resigniert die Achseln. Nur wer noch Karriere machen wollte auf Partei-Ticket, musste sich eng bei ihm halten. Er regierte nach der Devise Carl Schmitts, Politik heiße „Freund oder Feind“.

Machterhalt statt Leistung

Daher lobte ihn die Familienministerin Christina Köhler, die seinen über sich selbst gestolperten Adlatus Bernhard Jung beerbte, bei jeder Gelegenheit. Warum nur folgt ihm seine politische Schützlingin, die erfolglose Ministerin Silke Lautenschläger nun freiwillig ins Aus? Sie fühlte sich mit ihren Ideen zur Landwirtschafts- und Umweltpolitik von ihren Partei- und Fraktionskollegen nicht getragen.

So isser halt, sagten die meisten, ein Haudegen und Polarisierer, ein Wirtschaftssubventionierer, ein Bildungs- und Umweltpolitikverächter. Das Comedy-Duo Badesalz machte gerne Witzchen über Kochs auffällig füllige „Schlauchboot“-Lippen. Doch mit Botok hatte das ganz sicher nichts zu tun. Koch, der Meister der Schachtelsätze, ließ sich immer ein Hintertürchen offen, sagte der Ressortleiter Innenpolitik der FAZ im DRadio-Interview heute morgen über ihn.

Als Fürsprecher der Bankster ist Koch schon bislang immer wieder in Erscheinung getreten. Den Armen die hessischen Schuldenberatungsstellen streichen, damit das Geld reicht für sinnvolle Ankäufe wie den Erwerb des Jagdschlosses Erbach mit vielen schönen Geweih-Trophäen, das bringt seine Politik auf den Punkt. Als Lobbyist für gewisse Frankfurter Finanz-Wirtschafts-Kreise wird er zweifellos demnächst sogar mehr Geld scheffeln als zuvor und nebenbei ein ruhigeres Leben ohne Herzklabaster führen können.

Die Aussichten für Hessen unter dem designierten Nachfolger Volker Bouffier stimmen aber auch nicht froh. Außer dass die Chancen, den stickigen Mief des grassierenden cdu-Staats beim nächstenmal abzuwählen, vielleicht gewachsen sind.

14 Comments

  1. Ich verwette meinen Hintern, das da irgend eine Intrige in der CDU gelaufen ist und Koch den kürzeren gezogen hat.
    Aus heiterem Himmel verabschieded sich ein MP nciht aus dem Amt.

    Ob wohl ich froh bin, so halte ich Bouffier der sprichwörtliche Beelzebub zum Teufel Koch.

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  2. Ihr habt’s ja gut – hier in Ungarn hat’s die neue Mehrheitspartei (2/3 der Sitze mit 52% der Stimmen) innerhalb einer Woche geschafft, ansonsten völlig Passive völlig auf die Palme zu bringen.

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    1. @SzF
      Nett, dass du dich mal vorstellst. Wusste nicht sicher, ob so gute Sprachkenntnis vorliegen. Ich habe indes wahrgenommen, dass ihr eine deutschsprachige (übersetzte) Website zu säkularen Themen in Ungarn macht und den Brightsblog verlinkt habt. Hatte bereits vor, ein geeignetes Thema von Euch bei uns portiert zu dokumentieren. Muss halt zum Blog und seinem Publikum passen und von eher überregionalem Fokus sein. – Aus Russland und zu den Kanaren-Inseln gibt es ähnliche Kontakte.

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  3. „…Es ist äußerst ungewöhnlich, dass ein Berufspolitiker in Deutschland freiwillig einen einmal per Wahl eroberten, bequemen Chefsessel aufgibt, ohne dazu gezwungen zu sein…“

    Stimmt! Daran könnten sich Künast, Roth, Özdemir, Trittin, Cohn-Bendit, Ströbele, Kuhn, Höhn usw. mal ein Beispiel nehmen. Das grüne Spitzenpersonal klebt ja schlimmer auf ihren Stühlen als damals Kohl. Und diese Partei hat mal das Rotationsprinzip eingeführt…

    @nickpol:
    „…Den Hessen wird das Lachen schon noch vergehen. Gegen Bouffier ist Koch ein Sensibelchen…“

    Hattest Du schon Angst, es könnten Dir die Feindbilder ausgehen? 😉

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    1. @tischl
      Was hast du denn für ’ne Dartsscheibe? Kuhn ist abgetreten (nach Brüssel?), Özdemir tatsächlich mal zurückgetreten. Ströbele hat das zweite Mal in a row sein Direktmandat erkämpft. Höhn ist – soweit mir bekannt – integer und kompetent. Zu den anderen fällt mir nichts Gutes ein. Nicht etwa dass iich in so einer Partei wäre oder überhaupt in einer, aber ich mag es schon lieber differenziert. Schließlich bin ich kein RoKoch, der das Plattmachen vorzieht.

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  4. Wie kann dieser Puffier(?) oder so, der Koch jahrzehntelang brav hinterher gedackelt ist, noch schlimmer als dieser sein?

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  5. lügen, leugnen, volk verhetzen
    messer gegen hartzer wetzen
    illegale spenden tarnen
    vor der überfremdung warnen

    intensive täter knechten
    plump nach vorurteilen hechten
    ekellippen präsentieren
    selbsthass nur ganz schlecht kaschieren:

    alle diese tätigkeiten
    mag das schweinchen nicht mehr leiden
    rücktritt! blökt der roland koch
    hessens arsch fehlt jetzt das loch

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    1. Vielleicht hat ihm ja sein Freund, der „Ozean der Weisheit“, lebender Buddha, Jetsün Jampel Ngawang Lobsang Yeshe Tendzin Gyatsho mitgeteilt, dass sein Karma Scheisse ist. :mrgreen:

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    2. Nö, ich schätze das so ein, dass es ein rationaler Bilanz-Exit von Koch ist. Mit 52 kann man noch mal neue Herausforderungen suchen. I’d say he is now after getting rich instead of famous. 😉

      Ich hab den ewig vor sich hin grinsenden Ozean der Weisheit ja live in Marburg erlebt. Der ist viel zu diplomatisch, um jemand, der ihm nützlich sein kann, „böse“ Worte über schlechtes Kharma in Ohr zu pusten. Das ist alles in allem eine Geschäftsfreundschaft zu gegenseitigem Nutz und Frommen.

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    1. Man schaue sich mal den überraschenden? Stand der Umfrage auf tagesschau.de an:
      http://umfrage.tagesschau.de/umfrage/poll_dbdata.php?oid=kochabgang100

      Zwischenstand:
      Mit Roland Koch verlässt ein ausgewiesener Vertreter des konservativen Flügels der CDU die politische Bühne. Was bedeutet das für die Partei? Ist Kochs Rückzug ein Verlust für die CDU – oder ein Gewinn? Stimmen Sie ab!

      Kochs Rückzug ist ein Verlust für die CDU.: 1162 Stimmen, dies entspricht circa 38.5%
      Kochs Rückzug ist für die CDU ein Gewinn.: 1639 Stimmen, dies entspricht circa 54.3%
      Dazu habe ich keine / eine andere Meinung.: 218 Stimmen, dies entspricht circa 7.2%
      Stimmen gesamt: 3019
      Das Ergebnis dieser Umfrage ist nicht repräsentativ.

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