Der „deutsche Sokrates“ aus dem Getto


„Eine Ikone der Berliner Aufklärung“: So nannte Professor Christoph Schulte von der Universität Potsdam den 1729 geborenen und 1786 in Berlin verstorbenen Religionsphilosophen Moses Mendelssohn in seinem eindrucksvollen Vortrag im Rahmen der philosophischen Reihe.

Gerard Kollmer | Wetterauer Zeitung

Mendelssohn, im Dessauer Getto aufgewachsen, nur Jiddisch sprechend, kommt als junger Mann nach Berlin, lässt sich mit allerhöchster Erlaubnis in der Spandauer Vorstadt nieder, beginnt in einem jüdischen Kontor zu arbeiten, erlernt innerhalb kurzer Zeit die deutsche Sprache und steigt in wenigen Jahren mit zahlreichen Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen zur Elite der deutschen Aufklärer auf – ohne jemals eine Universität besucht zu haben.

Prof. Schulte schritt die wichtigsten Stufen dieser singulären Karriere – Jahrzehnte vor der bürgerlichen Gleichstellung der Juden in Preußen im Jahr 1812 – ab und zeichnete ein faszinierendes Porträt des „deutschen Sokrates“, wie man den äußerlich so unscheinbaren Mendelssohn gerühmt hat. Die Lage der Juden in der Metropole des friderizianischen Preußen seit etwa 1750 war durchaus widersprüchlich, erklärte der Referent. Einerseits lebten die etwa 3500 Berliner Juden nicht im Getto – im Unterschied zu den meisten anderen Städten im Heiligen Römischen Reich. Friedrich II. als Freigeist war bekannt für seine Toleranz in philosophisch-religiösen Dingen – so lange keine Kritik an seiner Politik geübt wurde.

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