Polen unterstützt Kiew: Wehrpflichtigen Ukrainern werden keine Dokumente mehr ausgestellt


Paul Flückiger | Neue Zürcher Zeitung

Im zweiten Stock des Einkaufszentrums «Blue City» in Warschau machen derzeit viele Ukrainer frustrierende Erfahrungen: Obwohl sie sie bestellen konnten, bekommen sie keine offiziellen Ausweisdokumente mehr. Kiew will damit die wehrpflichtigen Männer zur Rückkehr bewegen.

Die Agentur «Dokument» befindet sich zwischen einem ägyptischen Restaurant und einer Sushi-Bar. Im zweiten Stockwerk von «Blue City», einem der grössten Einkaufszentren Warschaus, unterhält das ukrainische Amt für Migration seit August 2022 ein Passbüro. Es soll die fünf ukrainischen Konsulate in Polen entlasten. Seit Kriegsausbruch ist die Zahl der Ukrainer im Land stark angestiegen. Bei «Dokument» können sie vorbeikommen, wenn sie einen neuen biometrischen Reisepass oder eine neue Identitätskarte brauchen.

Eine SMS oder doch zwei?

An diesem Nachmittag hat sich vor dem Eingang von «Dokument» eine Traube von Männern zwischen 30 und 50 Jahren gebildet. Zwei Wachmänner verweigern ihnen den Zutritt. Die Stimmung ist gereizt. «Ich war beim Maidan, habe für eine saubere Ukraine gekämpft, doch dies hier ist ein Banditenstaat», mit diesen Worten giftet einer der Männer eine herbeigerufene ukrainische Beamtin an.

Die junge Frau redet seelenruhig auf ihn ein und lässt sich die SMS zeigen, die er aus Kiew erhalten hat. Damit will der Mann seinen neuen Reisepass abholen. Doch die Zahlenkombination reicht der Beamtin nicht. Angeblich ist eine zweite SMS nötig. Davon sei bei der Pass-Beantragung keine Rede gewesen, sagen alle Umstehenden. Es herrscht Konsternation.

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