Mit Bullshit in den Untergang – So ticken Verschwörungstheoretiker


Eine Verschwörerdemo Anfang 2015 (Foto: Stefan Lauer)
„Merkel raus!“, ruft der bullige Mann auf der Bühne. Es ist kalt an diesem Samstagnachmittag, ich befinde mich auf einer kleinen Demo des verschwörungsideologischen Bündnisses „Endgame“ vor dem Berliner Hauptbahnhof und lausche der Rede des Szenestars Christoph Hörstel.

Von Christoph Kluge|VICE.com

Flüchtlinge kämen nicht zufällig nach Deutschland, erfahre ich, „eine riesige Organisation“ sei nötig, um „so viele Menschen in Marsch zu kriegen“. Die „Verbrecherpolitiker“ führen Krieg in Nahost, um die Menschen zur Flucht zu zwingen und installieren gleichzeitig bewusst Fremdenhass in Europa, damit es bald „kracht“.

Was genau damit erreicht werden soll, verrät der ehemalige TV-Journalist nicht, der auf seiner Facebook-Seite regelmäßig den nahen Untergang prophezeit. Hörstel breitet eine Weltsicht aus, in der es keine abstrakten Vorgänge gibt. Politische Ereignisse gehen direkt auf Entscheidungen bestimmter Akteure zurück, die einen übergeordneten Plan verfolgen und problemlos in der Lage sind, ihn durchzusetzen. Mir drängt sich aber der Verdacht auf, dass hier Bullshit erzählt wird …

Kürzlich hat eine Forschergruppe um den kanadischen Psychologen Gordon Pennycook nachgewiesen, dass manche Menschen schlichtweg nicht in der Lage sind, Bullshit von fundierten Informationen zu unterscheiden. Daher neigen sie zu Esoterik und Verschwörungstheorien. Pennycook et. al. stützten sich auf die Bullshit-Definition des Philosophen Harry Frankfurt. Ein „Bullshitter“, argumentiert Frankfurt, interessiere sich nicht dafür, ob es stimmt, was er sagt. Im Gegensatz zum Lügner, der die Wahrheit genau kenne und manipuliere, verfolgt er ein anderes Kommunikationsziel. Eventuell möchte er etwas verkaufen oder ein Publikum von sich begeistern, jedenfalls formuliert der Bullshitter vage Aussagen, die plausibel klingen—egal, ob sie zutreffen oder nicht.

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