Der moralische Kompass der Atheisten


Laut Goethe ist es die Gretchenfrage, wie man es mit Religion und Moral hält. Gläubige meinen häufig, dass das eine ohne das andere nicht geht. Neue Studien widersprechen: Auch Atheisten und Atheistinnen haben ihnen zufolge einen klaren moralischen Kompass – der richtet sich aber weniger auf Gruppen und mehr auf Individuen.

Lukas Wieselberg | science.ORF.at

Atheismus hat es nicht gerade leicht. In vielen, zumindest westlichen Ländern mehrheitsfähig, verfügt er in der Öffentlichkeit über keine nennenswerte Lobby – im Gegensatz zu den Religionen. Dazu kommt sein schlechter Ruf. In den USA würden rund 95 Prozent mittlerweile einen qualifizierten Afroamerikaner, Juden oder Katholiken zum Präsidenten wählen, aber nur 60 Prozent einen atheistischen Kandidaten. Glaube an Gott sei notwendig für Moral und damit auch für Politik, so das dahinterstehende Vorurteil.

44 Prozent der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner teilen es, betont der Psychologe Tomas Stahl von der University of Chicago. In religiöseren Ländern wie Brasilien oder Tunesien sind es laut einer Studie von 2019 mit 84 Prozent noch viel mehr, in laizistischen wie Frankreich (15 Prozent) und Schweden (neun) viel weniger. Obwohl es keine Beweise gibt, dass sich Gläubige und Nichtgläubige de facto in ihren Handlungen unterscheiden, sind anti-atheistische Vorurteile sogar unter Atheisten und Atheistinnen verbreitet, wie eine weitere Studie zeigte.

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