Christliche Kirchen: Nur Pluralismus hilft weiter


Dissens bedeutet für Casanova eine ständige Frischzellenkur für die Kirche. (Bild: picture alliance / dpa – Uwe Anspach)

Die Religion in Europa müsse sich aus ihrer Überinstitutionalisierung befreien, sagt der prominente spanisch-amerikanische Religionssoziologe Jose Casanova. Er plädiert für mehr Pluralismus. Doch damit tun sich die christlichen Kirchen schwer.

Von Henning KlingenDeutschlandfunk

Auch Klassiker können mal irren. Manchmal sogar gewaltig. So etwa im Fall des großen Soziologen Max Weber. Er gilt nicht nur als Vater der modernen Soziologie, sondern auch als Vater der „Säkularisierungstheorie“. Diese bezeichnet die Trennung von Staat und Kirche nach dem Ende der Allianz von Thron und Altar – aber sie geht noch weiter. Denn sie sieht mit dem Aufstieg der modernen, ausdifferenzierten und wertpluralen Gesellschaften zugleich das Ende der Religion insgesamt eingeläutet.

Dass diese Geschichte nur eine Geschichte, also ein Mythos ist und Max Weber also irrt, ist die Kernthese des gegenwärtig wohl prominentesten Grenzgängers zwischen Theologie, Soziologie und Philosophie: des spanisch-amerikanischen Religionssoziologen Jose Casanova. Religion und Moderne schließen sich für ihn nicht aus. Im Gegenteil:

„In Europa das Wichtigste ist einfach, die Annahme in Frage zu stellen, dass Modernisierung unbedingt Säkularisierung bringt. Dann die Frage: Warum sind wir in Europa dann so säkular: Nicht weil wir modern sind! Wir könnten auch modern sein und religiös, aber de facto sind wir in Europa säkular und nicht religiös. Und dann lautet die Frage: wir sind säkular, weil wir es so wollten – und nicht, weil wir es mussten. Wenn du säkular bist, solltest du wissen, warum du säkular sein willst – nicht weil du modern sein willst. Und das ist für mich die Funktion meiner Kritik: diese Übereinstimmung von Moderne und Säkularität in Frage zu stellen. Die Leute in Europa sollten sich bewusst sein, dass religiös oder säkular eine Option ist, die man frei wählen kann.“

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1 Comments

  1. Was für ein Geschwurbel. Kann mir bitte jemamd erklären was „modern“ bedeutet bzw. beinhaltet.

    Wir leben in eine Wissens- und Leistungsgesellschaft,an deren Kriterien man sich nach eigenem Vermögen anpaßt und mitmacht oder sich alternativ ausgrenzt. Wer zur Lebensgestaltung unbedingt die Vorgaben eines all-wissenden Führers und Vordenkers braucht, der landet bei geringer kognitiver Leistung und krasser Realitätsverweigerung zwangsläufig in Despotismus und Nepotismus. Man wird in solche Engpässe der Lebensformen oft hineingeboren und nur wenige können sich daraus befreien.

    Wieso also ist etwas „modern“ oder „nicht modern“, was sind die Kriterien. War es etwa modern als „Politischer“ im Arbeitslager in Sibirien zu landen, oder mit der Strassenbahn zur Arbeit zu fahren, weil es fürs Auto keinen Parkplatz gibt. Ist es modern mit Holz zu heizen, well es kein Gasanschluß gibt und für Kohle oder Öl der Schornstein nicht ausreicht. Reicht ein blankes Namensschild aus Messing an der Tür um modern zu sein.

    Solange „modern“ ein nicht definierter Wischi-Waschi Begriff ist, solange ist es müßig darüber zu rechten.

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