Was aus „Mordversuch“ während G-20-Gipfels wurde


Richterin Nina-Alexandra Seidler muss die Aussagen und Beweise in dem Prozess gewichten Quelle: picture alliance/ Markus Scholz
Mittwoch soll das Urteil gegen einen Mann fallen, der an den G-20-Tagen mit einem Laser auf einen Hubschrauber zielte. Es geht auch um die Frage, wie glaubwürdig sich Polizisten als Zeugen verhalten.

Von Philipp Woldin, Denis Fengler | DIE WELT

Es war wohl die schwerste Anschuldigung im Zusammenhang mit den G-20-Ereignissen: Nico B. soll mit einem Laserpointer die Besatzung eines Polizeihubschraubers geblendet haben, der am Vorabend des Gipfels über Altona kreiste. Die Anklage spricht davon, dass die Polizisten im Cockpit von einem Laserstrahl am rechten Auge getroffen wurden und bis zu zehn Sekunden nichts sehen konnten, der Hubschrauber sei 300 Fuß abgesackt. Eine lebensgefährliche Aktion, der Boulevard titelt „Mordversuch“. Ein Haftbefehl ergeht, Nico B., 27 Jahre, Familienvater, kommt in Untersuchungshaft – auch weil er zu der Zeit keine eigene Wohnung hat. Fünf Monate bleibt B. hinter Gittern.

Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anklage auf die Aussagen der Polizisten im Hubschrauber und auf ein Interview der Lebensgefährtin des Mannes mit der „Mopo“. Darin sagt diese, die gemeinsame vierjährige Tochter hätte durch den Hubschrauberlärm Angst gehabt und nicht einschlafen können. B. habe den Hubschrauber „verjagen“ wollen. Doch nach einem halben Jahr Prozess und einem Gutachten sind die Vorwürfe in sich zusammengebrochen. Kurz vor dem Urteil, das heute fallen soll, schreibt die Vorsitzende Richterin in einem „rechtlichen Vermerk“: „Das Gericht ist derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Pilot Herr M. und der Co-Pilot Herr H. von einem Laserstrahl getroffen worden sind, so wie es in der Anklage beschrieben wird. Zum jetzigen Zeitpunkt würde das Gericht eine etwaige Verurteilung des Angeklagten darauf nicht stützen.“ Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Frage, wie glaubwürdig Polizeibeamte sich als Zeugen in Prozessen verhalten.

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