Der IS infiziert uns mit unmenschlicher Rachsucht


Jubelnd und mit schwarzer Fahne – Aktivisten des Islamischen Staats überziehen die von ihnen eroberten Gebiete mit unvorstellbaren Gräueltaten Foto: REUTERS
Der unvorstellbare Terror des IS stiftet in uns Vergeltungsfantasien, die wir uns selbst verbieten sollten. Sonst versinken wir im Zivilisationsverlust. Bekenntnisse eines Unmenschen.


Von Uwe Schmitt|DIE WELT

Die Verwandlung zum Unmenschen kam nicht über Nacht. Mit Kafkas Gregor Samsa teilten wir anfangs die Hoffnung, das Leben „zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt“ möge nicht von Dauer sein. Sie trügt wohl wie bei ihm. Erst war da die befremdliche Genugtuung nach den ersten Bombardements der Amerikaner von IS-Stellungen.

Bei jeder Enthauptung eines Unglücklichen vor der Kamera durch den maskierten Henker mit britischem Akzent färbte sich das Entsetzen mehr in heißen Zorn und namenlos aufflammende Vergeltungslust. Etwas nie Empfundenes überschwemmte uns wie ein Gift.

Wir waren froh, dass die Mörder in Paris erschossen wurden, und schämten uns still. Mit der Verbrennung des jordanischen Piloten bei lebendigem Leib fielt die letzte Schwelle: Wir wollten Rache, ohne dass uns ein Rechtsstaat in den Arm fällt, wir wollen töten ohne Prozess. Schlimmer noch: Wir wollen quälen, foltern, Mord mit Mord vergelten. Als Jordanien zwei zum Tode verurteilte Terroristen hinrichtete, ging es uns nicht nur besser. Wir frohlockten.

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1 Comments

  1. Eh.
    Lest mal irgendwelche beliebigen Diskussionsthreads von Nachrichten über einen Kerl, der ein Kind vergewaltigt und getötet hat.
    Die Stimmen die plötzlich nach Todesstrafe oder Schlimmerem schreien sind gewaltig. Und die Kommentare, die sich gegen jemanden richten, welcher auf die Vorteile rechtsstaatlicher Verfahren hinweist, werden überwältigend.

    Menschen sind einfach so. Immer Auge um Auge. 😦 Das hat nichts mit Terrorismus zu tun.

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