Verdient der Reaktionär und Antisemit Luther einen Feiertag?


Dagegen aber die Muslime in Deutschland nicht? Wenn es um arbeitsfreie Tage geht, gäbe es sicher viele andere Anlässe

Von Peter Nowak | TELEPOLIS

„Reformationstag 2017 – über diesen Feiertag freut sich ganz Deutschland“, heißt es in der Schlagzeile einer Münchner Boulevardzeitung. Sie bezieht sich auf den Reformationstag 2017, der wegen Luthers 500sten Jahrestags des Anschlags der 95 Thesen in Wittenberge in diesem Jahr bundesweit Feiertag ist. Wenn sich die Behauptung verifizieren ließe, wäre das ein Armutszeugnis.

Denn dann würde der Geburtstag eines Hasspredigers und Antisemiten gefeiert, woran eine Schrift der säkularen Giordano-Bruno-Stiftung erinnert. Der Befund dürfte heute unzweifelhaft sein. Der Radau-Antisemitismus des Martin Luther bot alle Elemente, die der NS dann durchsetzte.

Nur die fabrikmäßige Vernichtung konnte der Reformator noch nicht denken. In einer sehr informativen Sonderausstellung in der Berliner Topographie des Terrors wurde dokumentiert, wie die Nazis sich als Luthers willige Vollstecker gegen die Juden zeigte. Die Nazis hatten 1933 mit dem Deutschen Luthertag übrigens einen Gedenktag für ihren Inspirator eingeführt.

Doch es gäbe noch viele weitere Argumente gegen einen Feiertag für einen Hassprediger, der zu den Massakern an den aufständischen Bauern aufrief. Zudem war Luther auch in seiner Zeit ein Reaktionär. So heißt es treffend im Humanistischen Pressedienst über den Reaktionär Martin Luther.

Luthers Freiheit des inneren Glaubens ist das Gegenteil von dem, wie wir heute Freiheit im Sinne von Selbstbestimmung verstehen. Dem fundamentalistischen Reformator zufolge entscheidet allein die göttliche Gnade über Heil oder Verdammnis. Luthers Judenhass ist sprichwörtlich und wird heute gern als doch hinreichend bekannt abgetan – ein Zeitgeistphänomen eben, nicht der weiteren Rede wert.

Doch erweist sich der Theologe in seiner Studierstube – durch Wissenschaftsfeindlichkeit gepaart mit Teufels- und Hexenglaube – als Mann des Mittelalters. Längst gibt es zu seiner Zeit – unter den Katholiken – humanistischen Geist, weltoffene Kultur, neue Entdeckungen und gesellschaftskritische Bestrebungen.

Was seinen Judenvernichtungswahn über die Jahrhunderte so brandgefährlich machte: Es war sein gleichzeitiges absolutes Festhalten am Obrigkeitsdenken, an der hierarchisch-ständischen Herrschaftsstruktur.

Humanistischer Pressedienst

Schon 100 Jahre nach Luthers Geburtstag wurde dieser Termin politisch instrumentalisiert. Je stärker der deutsche Nationalismus sich gerierte, desto lauter berief man sich auf Martin Luther.

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